Das stärkste Beteiligungsrecht des Betriebsrats ist das Mitbestimmungsrecht. In dem Bereich dieses sog. echten Mitbestimmungsrechts kann der Arbeitgeber Maßnahmen im Betrieb nur im einvernehmlichen Zusammenwirken mit dem Betriebsrat treffen. Der Betriebsrat besitzt bei den Mitbestimmungsrechten ein Initiativrecht, d.h., er kann vom Arbeitgeber eine Regelung verlangen und im Nichteinigungsfall die Einigungsstelle anrufen, welche die fehlende Regelung ersetzt (§§ 87 Abs. 2, 76 Abs. 5 S. 1 BetrVG).

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind abschließend im Gesetz geregelt, im darüber hinausgehenden Bereich gibt es nur eine sog. freiwillige Mitbestimmung (§ 88 BetrVG). Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist vorgeschrieben bei:

  • Regelungen über soziale Angelegenheiten (§ 87 Abs. 1 BetrVG),
  • Änderungen der Arbeitsplätze/Arbeitsabläufe/Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen und die betroffenen Arbeitnehmer in besonderer Weise belastet werden (§ 91 BetrVG),
  • Einführung/Verwendung von Personalfragebögen, Beurteilungsgrundsätzen sowie von persönlichen Angaben in Formulararbeitsverträgen (§ 94 BetrVG),
  • der Erstellung von personellen Auswahlrichtlinien (§ 95 Abs. 1 BetrVG),
  • der Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung aus Anlass der Planung technischer Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder Arbeitsplätzen (§ 97 Abs. 2 BetrVG) sowie
  • bei sonstigen Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung (§ 98 BetrVG).
 

Hinweis:

Vor allem das in § 87 BetrVG für Maßnahmen in sozialen Angelegenheiten vorgesehene erzwingbare Mitbestimmungsrecht ist äußerst praxisrelevant und die mit Abstand wichtigste Mitbestimmungsvorschrift für den Betriebsrat.

In den in § 87 BetrVG genannten Fällen der erzwingbaren Mitbestimmung entscheidet die Einigungsstelle verbindlich und endgültig, wenn keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zustande kommt. Die Entscheidung (der "Spruch") der Einigungsstelle hat die gleiche Wirkung wie eine Betriebsvereinbarung. Einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers sind auch in Eilfällen – von Ausnahmen in Notfällen abgesehen – rechtswidrig. Wird die Einigungsstelle nicht angerufen, darf der Arbeitgeber die Maßnahme nicht durchführen, weshalb dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch zusteht.

Das erzwingbare Mitbestimmungsrecht steht unter dem Vorbehalt von Gesetz und Tarifvertrag. Besteht eine gesetzliche oder tarifliche Regelung, scheidet ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG aus. Gesetz ist dabei jede zwingende Rechtsnorm, also z.B. auch Verordnungen, das autonome Satzungsrecht öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder bindende Verwaltungsakte. Das Mitbestimmungsrecht ist ausgeschlossen, wenn ein Gesetz oder Tarifvertrag die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit abschließend und zwingend regeln und das einseitige Bestimmungsrecht des Arbeitgebers beseitigen. Besteht hingegen für den Arbeitgeber ein Entscheidungsspielraum, hat der Betriebsrat insoweit ein Mitbestimmungsrecht. Die dem § 87 Abs. 1 BetrVG unterfallenden Mitbestimmungsrechte können allerdings nicht durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden.

Die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Tatbestände. Es ist also erforderlich, dass eine Angelegenheit der gesamten Belegschaft oder einem bestimmten Teil der Belegschaft (z.B. einer Betriebsabteilung, sämtliche Arbeitnehmer einer Schicht) zu regeln ist. Nach § 87 Nr. 1–13 BetrVG bestehen folgende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats:

Nr. 1: Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb

Hierunter fallen alle allgemeinverbindlichen Verhaltensregeln, die einen ungestörten Arbeitsablauf und ein reibungsloses Zusammenleben und Zusammenarbeiten im Betrieb sicherstellen sollen. Die Regelung bezieht sich nur auf das Ordnungsverhalten, nicht auf das Arbeitsverhalten der einzelnen Arbeitnehmer (BAG, Beschl. v. 10.3.2009 – 1 ABR 87/07, NZA 2010, 180), also nicht auf die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten.

 

Beispiele:

  • Bekleidungsregelung,
  • Alkohol-/Rauchverbote,
  • Parkplatznutzung,
  • private Nutzung von E-Mail und Internet am Arbeitsplatz.

Nr. 2: Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Verteilung der Arbeitszeit

Das zwingende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erfasst weiter die Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Ferner werden auch Zeiten erfasst, in denen sich ein Arbeitnehmer im Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft befindet, an Dienstbesprechungen teilnimmt oder Dienstreisen durchführt.

 

Hinweis:

Hingegen ist die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, d.h. das von dem Arbeitnehmer geschuldete Arbeitszeitvolumen, Inhalt der arbeits- bzw. tarifvertraglichen Absprachen und unterliegt daher nicht § 87 Abs. 1 Nr. 2...

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