Der Europäische Gerichtshof soll klären, ob bei einer geringfügigen Ankunftsverspätung eines direkten Anschlussflugs mit der Folge einer dreistündigen Verspätung am Endziel auch dann ein Ausgleichsanspruch bestehen kann, wenn die Flüge von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurden. Mit Beschluss vom 19.7.2016 hat der u.a. für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des BGH dem EuGH diese Rechtsfrage unterbreitet (Az.: X ZR 138/15).

Im Ausgangsfall beanspruchen die Kläger Ausgleichszahlungen in Höhe von jeweils 400 EUR wegen eines verspäteten Flugs nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Fluggastrechteverordnung. Sie buchten bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise mit Flügen von Hamburg über Las Palmas nach Fuerteventura. Der Flug von Hamburg nach Las Palmas, der von der Beklagten durchgeführt wurde, sollte um 12.40 Uhr starten und um 16.30 Uhr landen. Im Anschluss sollten die Kläger um 17.30 Uhr mit einer anderen Fluggesellschaft weiter nach Fuerteventura fliegen. Nach dem Vortrag der Kläger kam der Zubringerflug in Las Palmas mit einer Verspätung von etwa 20 Minuten an; die Kläger verpassten deshalb den Anschlussflug und erreichten Fuerteventura mit einer Verspätung von etwa 14 Stunden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung – eine Verspätung am Zielort von drei Stunden oder mehr – verneint. Der erste Flug sei nur geringfügig verspätet angekommen. Für die Gesamtverspätung habe die Beklagte nicht einzustehen, weil sie den Anschlussflug nicht durchgeführt und keinen Einfluss auf die Koordination der beiden Flüge durch den Reiseveranstalter gehabt habe. Der Fluggast werde dadurch nicht schutzlos gestellt, da ihm Gewährleistungsansprüche gegen den Reiseveranstalter zustehen könnten.

Der BGH ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch in dieser Konstellation noch nicht hinreichend geklärt sind. Deshalb hat er den für die Auslegung der Fluggastrechteverordnung zuständigen Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung ersucht. Letzterer hat sich bisher nur mit der Fallkonstellation befasst, dass das die Verspätung verursachende Luftfahrtunternehmen einen Flugschein oder eine Buchungsbestätigung für beide Flüge ausgegeben hat (vgl. EuGH, Urt. v. 26.2.2013 – C-11/11). Die Variante, dass eine entsprechende Buchungsbestätigung durch einen Reiseveranstalter erteilt wird, ist bislang noch nicht entschieden worden. Der BGH neigt dazu, einen Ausgleichsanspruch auch in der letztgenannten Konstellation zu bejahen. Da sich dieses Ergebnis aus dem maßgeblichen europäischen Recht aber nicht hinreichend sicher ableiten lässt, hat er gem. Art. 267 AEUV den EuGH hierzu angerufen.

[Quelle: BGH]

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