Literaturhinweis:

Zu Rechtsgrundlagen und Systematik des bußgeldrechtlichen Fahrverbots wird verwiesen auf Deutscher, in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl. 2024; zur Entwicklung des straßenverkehrsrechtlichen Fahrverbots im Jahr 2023 Deutscher, NZV 2024, 57.

a) Der Tatbestand des Fahrverbots

§ 11 Abs. 2 StVO (Bildung einer Rettungsgasse) ist die gegenüber § 5 Abs. 1 StVO (Verbot des Rechtsüberholens) speziellere Vorschrift, sodass ein Überholen unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVO immer eine Verwirklichung dieser Norm bedeutet und die Regelvermutung des zugehörigen Rechtsfolgentatbestands der BKatV auslöst (KG, Beschl. v. 15.3.2023 – 3 Orbs 43/23, NZV 2023, 474 [Krumm]). Es überschreitet die Grenzen zulässiger Auslegung, entgegen dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 StVO die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse auf einer autobahnähnlich ausgebauten innerörtlichen Straße anzunehmen (BayObLG, Beschl. v. 26.9.2023 – 201 ObOWi 971/23, DAR 2024, 100 = VRR 3/2024, 23 [Deutscher]). Die Indizwirkung des Regelbeispiels nach den §§ 25 Abs. 1 S. 2, 24a StVG wird nicht allein dadurch entkräftet, dass bei einer nur wenige Minuten andauernden Alkoholfahrt eine Wegstrecke von lediglich 200 m zurückgelegt wurde. Dies gilt erst recht, wenn der Atemluftgrenzwert nach § 24a Abs. 1 StVG von 0,25 mg/L nicht nur geringfügig überschritten, sondern die Alkoholkonzentration nahe dem Grenzwert der (absoluten) Fahruntüchtigkeit i.S.v. § 316 Abs. 1 StGB lag (BayObLG, Beschl. v. 28.9.2023 – 202 ObOWI 780/23, VRR 3/2024, 28 [Deutscher] = NZV 2024, 146 [Krenberger]).

b) Die Erforderlichkeit des Fahrverbots

Das Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbots, das an die Außerachtlassung besonderer Rücksichtnahmepflichten und die bloße Gefährdung eines Verkehrsteilnehmers anknüpft (hier: lfd. Nr. 41 BKat: Abbiegen ohne besondere Rücksichtnahme auf Fußgänger) mit der Begründung, der Betroffene habe nicht rücksichtslos gehandelt und der Geschädigte sei nicht schwerwiegend verletzt worden, ist rechtsfehlerhaft. Das Verhalten eines Betroffenen nach einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall rechtfertigt regelmäßig nicht das Absehen von der Verhängung eines an seinen Verkehrsverstoß anknüpfenden Regelfahrverbots (BayObLG, Beschl. v. 13.11.2023 – 201 ObOWi 1169/23, DAR 2024, 169). Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht den Umstand eines für einen Kalendermonat nachgewiesenen geringfügig negativen Betriebsergebnisses nicht zum Anlass nimmt, sog. Abschirmungsmaßnahmen (z.B. Beschäftigung eines Fahrers für die Zeit des Fahrverbots) für unzumutbar zu halten (KG, Beschl. v. 20.4.2023 – 3 ORbs 68/23, zfs 2023, 651). Die mit einem Fahrverbot verbundenen Einschränkungen des Kindesumgangsrechts sind – will das Tatgericht in ihnen eine außergewöhnliche Härte sehen und vom Regelfahrverbot absehen – positiv festzustellen (BayObLG, Beschl. v. 7.11.2023 – 201 ObOWi 1115/23, zfs 2024, 109).

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