(BGH, Beschl. v. 29.3.2017 – XII ZB 567/16) • Ein Anwalt, der eine Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos eine erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Wird der Schriftsatz allerdings vor Ablauf der Frist abgegeben, bestehen diese erhöhten Anforderungen nicht. Eröffnet ein Gericht die Möglichkeit der Weiterleitung von Schriftstücken an das zuständige Gericht, so genügt der Anwalt daher seinen Sorgfaltspflichten bereits dann, wenn er einen fristgebundenen Schriftsatz so rechtzeitig abgibt, dass er einen fristgemäßen Eingang beim zuständigen Gericht mit Sicherheit erwarten darf. Hinweis: Wenn ein Gericht die Möglichkeit der Weiterleitung von Schriftstücken an das zuständige Gericht eröffnet, kann sich der Anwalt nach der hier vom BGH vertretenen Ansicht nicht darauf verlassen, dass eine für den Normalfall festgelegte Beförderungszeit eingehalten wird. Denn bei der Weiterleitung durch die Justiz besteht keine auf die Einhaltung der Beförderungszeit für den Normalfall ausgerichtete Organisationsstruktur, auf die der Anwalt vertrauen darf. Vielmehr muss er berücksichtigen, dass die mit der Postübermittlung beauftragten Wachtmeister durch vorrangige dienstliche Tätigkeiten oder andere Umstände vorübergehend verhindert sein können, so dass eine gewisse Verzögerung mit höherer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist als bei einem auf die Briefbeförderung spezialisierten Unternehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.9.2012 – XII ZB 221/12). Andererseits muss der Anwalt aber auch nicht mit einer außergewöhnlich langen Verzögerung der Versendung rechnen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.5.2012 – XII ZB 375/11).

ZAP EN-Nr. 354/2017

ZAP F. 1, S. 569–570

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