Nach § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO sind die "Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art" untersagt.

a) Inhalt und Grenzen

Die Vorschrift verbietet die Vermittlung von Aufträgen gegen Abgabe eines Teils der Gebühren oder jeglicher sonstigen Vorteile, sei es gegenüber dem Anwalt oder Dritten. Anwälte sollen nach dem Zweck der Norm nicht in einen Wettbewerb bei der Erlangung von Mandaten treten (Kilian, in: Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl. 2014, § 49b Rn 159) und Mandate nicht gewerblich "gekauft" oder "verkauft" werden (BT-Drucks 12/4993, 31). Die Vorschrift ist Ausfluss der in §§ 1, 3 Abs. 1, 43a Abs. 1 BRAO verkörperten Unabhängigkeit des Rechtsanwalts (BGH NJW 1968, 2204). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege habe er keinen kaufmännischen Charakter (Eckertz-Höfer NJW 2013, 1580; Zuck NJW 2013, 1582). Neben der berechtigten und ganz offensichtlichen Frage nach der Zeitgemäßheit der vorgenannten Ansichten (der Anwalt, der heutzutage nicht kaufmännisch denkt, wird in einer leeren Kanzlei sitzen bleiben) ist die verfassungs- und europarechtliche Wirksamkeit der Norm höchst umstritten (Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl. 2015, § 49b Rn 2). Obwohl ihre Aufrechterhaltung im Zuge einer weiteren zeitgemäßen Liberalisierung des Rechtsanwaltsberufs höchst zweifelhaft ist, müssen sich die verschiedenen Akquiseplattformen sowie die beteiligten Anwälte de lege lata an ihr messen lassen, wobei die Vorschrift dabei verfassungs- und europarechtskonform – und damit grundrechtsfreundlich – auszulegen ist (Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl. 2015, § 49b Rn 4).

b) Eröffnung des Anwendungsbereichs

Nach dem Gesetzeswortlaut untersagt § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO die Vermittlung von "Aufträgen" und meint hiermit "Mandate".

 

Hinweis:

Die Norm soll den Preiswettbewerb und den gewerblichen Handel mit Mandaten verhindern, die Weitergabe von Mandaten ist jedoch möglich und soll es auch bleiben. Das Verbot erfasst daher etwa nicht das praxisübliche, selten rein altruistisch motivierte, gegenseitige Empfehlen von Kollegen oder Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern.

Alle Vereinbarungen, die der Rechtssuchende und der Anwalt treffen, sind auf die Begründung eines Auftrags- bzw. Mandatsverhältnisses gerichtet. Das gilt auch, wenn sie hierfür eine Online-Akquiseplattform zu Hilfe nehmen und unabhängig vom Geschäftsmodell des jeweiligen Anbieters.

Offen ist dagegen, ob das Vermittlungsverbot auch auf kostenfreie Erstberatungen anzuwenden ist, die Rechtssuchender und Anwalt über eine Plattform vereinbaren. Die Erstberatung darf kostenlos erfolgen (AnwGH NRW BeckRS 2014, 13284; Gaier/Wolf/Göcken/v. Seitmann, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 49b Rn 20, 30; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 22. Aufl. 2015, § 34 RVG Rn 4 f.; dagegen noch: KG Berlin NJW-RR 2002, 1497), wobei wegen ihres geringeren Beratungsumfangs (BGH BeckRS 2007, 16134), des tendenziell geringeren Haftungsumfangs und -maßstabs (BGH AGS 2008, 7; dagegen mit Hinweis auf die fehlende Zuständigkeit des ersten Zivilsenats für Anwaltshaftung: Teubel/Winkler, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 34 Rn 105) und des zumeist überwiegenden Mandatsanbahnungscharakters (LG Essen NJW NJW-RR 2014, 379, 380) zweifelhaft ist, ob die Erstberatung überhaupt ein "Mandat" i.S.d. § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO darstellt. Aus Sicht des Rechtssuchenden liegt diese Unterscheidung zum "richtigen Mandat" nahe, weil die eingehende Prüfung des Sachverhalts hier ersichtlich nicht stattfindet und auch nicht kostenfrei zu erwarten ist.

c) Keine Mandatsvermittlung in diesem Sinne

aa) Kausale Verknüpfung zwischen Vorteilsgewährung und Mandatszuführung

§ 49b Abs. 3 S. 1 BRAO untersagt es Anwälten, Vorteile für die Vermittlung von Mandaten zu gewähren oder sich solche gewähren zu lassen. Es bedarf dabei einer kausalen Verknüpfung zwischen Vorteilsgewährung und Mandatszuführung (Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl. 2015, § 49b Rn 67; AGH München AnwBl 2014, 756). Zudem muss der Vorteilsempfänger in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Anwalt stehen, welches sich regelmäßig aus einer getroffenen Vergütungsvereinbarung ergibt (Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl. 2015, § 49b Rn 68).

 

Hinweis:

Die Form der Vergütung ist unerheblich, unzulässig sind auch geldwerte Sachleistungen, Gebrauchsüberlassungen oder die Erbringung von berufsfremden Dienstleistungen (Kilian, in: Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl. 2014, § 49b Rn 166). Zulässig sind dagegen Belohnungen für den Anwalt, die nicht für den Abschluss einer Mandatierung gezahlt werden, so etwa bei der Vermittlung von Prozessfinanzierungsverträgen und dem Verkauf von Mantelgesellschaften (Kilian a.a.O. Rn 162).

Zwischen Mandatszuführung und dem gegenüber dem Anbieter anfallenden Entgelt besteht in Form der dienstvertraglichen Verbindung zwischen beiden Parteien eine kausale Verknüpfung. Der Dienstvertrag begründet zugleich ein wirtschaftliches und rechtliches Abhängigkeitsverhältnis.

Offen ist dabei aber, ob die dargestellten Akquisevarianten auch Vermittlungen i.S.d. § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO sind. Eine Vermittlung liegt vor, wenn neben Anwalt und Man...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge