Leitsatz (amtlich)

Bietet eine Rechtsanwältin eine kostenlose Rechtsberatung im Rahmen der Rechtsberatung einer Frauenbeauftragten des Bezirksamts an, so muss dies nach außen hin eindeutig als Veranstaltung der Frauenbeauftragten dargestellt werden.

 

Normenkette

UWG § 1; BRAO §§ 49b, 20; RBerG Art. 1 § 3 Ziff. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 19.03.2002; Aktenzeichen 16 O 38/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 19.3.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des LG Berlin – 16 O 38/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Wert von 10.000 Euro zu tragen.

 

Gründe

1. Zu Recht hat das LG einen Unterlassungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin aus § 1 UWG i.V.m. §§ 49b BRAO, 20 BRAGO bejaht (§ 522 Abs. 2 ZPO).

a) Eine eigene kostenlose anwaltliche Erstberatung durfte die Antragsgegnerin weder anbieten noch durchführen. Die Gebührenregelungen der BRAGO sollen – auch im Interesse der Rechtsratsuchenden – einen Preiskampf der Rechtsanwälte untereinander unterbinden. Soweit die BRAGO oder die BRAO ausnahmsweise einen Verzicht auf Gebühren erlauben, liegen die Voraussetzungen dafür hier nicht vor. Dies stellt auch die Antragsgegnerin im Ausgangspunkt nicht in Abrede.

b) Zwar mag eine Befugnis des Bezirksamtes und seiner Frauenbeauftragten zur Rechtsberatung aus § 3 Ziff. 1 RBerG folgen. Dann muss die Rechtsberatung aber eindeutig als eine alleinige Veranstaltung der Frauenbeauftragten gekennzeichnet sein, und zwar erst recht, wenn sie sich dabei ehrenamtlicher Helfer aus der Rechtsanwaltschaft bedient.

Schon die Erlaubnis der Antragsgegnerin, dass die Vereinbarungen für die Gesprächstermine über ihr Anwaltsbüro erfolgen sollten, war insoweit für sich sehr bedenklich, denn es zwang die Ratsuchenden zu einem Gesprächskontakt mit einem Rechtsanwaltbüro, dass sich als solches – und nicht als Helfer der Frauenbeauftragten – bei telefonischem Gesprächsbeginn meldete. Etwa eine besondere Telefonnummer oder Ähnliches hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Unter diesen Umständen war es nahe liegend, dass sich Ratsuchende – etwa bei einem weiter gehenden Beratungsbedarf – wieder beim Büro der Antragsgegnerin melden würden.

Um so mehr hätte die Antragsgegnerin dafür sorgen müssen, dass die Rechtsberatung auch nach außen hin allein als Veranstaltung der Frauenbeauftragten dargestellt wird. Dem ist sie schon nach ihrem eigenen Vortrag nicht hinreichend nachgekommen, wenn sie sich auf den Inhalt des Informationsblattes für das 1. Halbjahr 2001 (Anlage 6) und ihr Schreiben an die Pressestelle des Bezirksamtes vom 31.8.2001 (Anlage 7) verlassen haben will. Denn auch diese Informationen waren derart missverständlich, dass sie den Boden für die verfahrensgegenständliche Presseberichterstattung bereiteten. Das Informationsblatt enthält keine eindeutige Aussage zu einer alleinigen Veranstaltung der Frauenbeauftragten. Die Wendung „… in Zusammenarbeit mit …” legt vielmehr die Annahme einer eigenen Veranstaltung der Antragsgegnerin nahe, bei der nur eine Zusammenarbeit stattfinden würde. Das Schreiben vom 31.8.2001 unterstreicht dies noch. Wenn verlautbart werden soll „… die Erstberatung ist kostenfrei …”, dann drängt dies zur Annahme, eine Zweitberatung der Antragsgegnerin löse Gebühren aus. Eine solche Zweitberatung wäre – dies behauptet auch die Antragsgegnerin nicht – keine Veranstaltung der Frauenbeauftragten mehr, auch nicht in Form einer Zusammenarbeit. Das In-Aussicht-Stellen einer – wenn auch gebührenpflichtigen – Zweitberatung im Sinne einer vertiefenden Rechtsberatung durch die Antragsgegnerin als Rechtsanwältin wäre zudem gem. § 45 Abs. 1, Ziff. 1 BRAO untersagt.

2. Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf §§ 97, 3 ZPO.

Haase Prietzel-Funk Dr. Pahl

 

Fundstellen

Haufe-Index 1103030

NJW-RR 2002, 1497

KG-Report 2003, 330

KammerForum 2003, 59

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