Leitsatz

Persönliche Identität liegt auch dann noch vor, wenn der Käufer, der den Hauptvertrag abschließt, zu dem Auftraggeber des Maklers in einem Näheverhältnis steht, und der Auftraggeber aus dem Abschluss des Hauptvertrags selbst einen Nutzen zieht, der von gewisser Dauer ist. Auf die Art oder Intensität der Beziehung zwischen dem Auftraggeber und dem Käufer kommt es nicht an.

 

Fakten:

Eine Polizistin und ein Polizist lebten bereits seit geraumer Zeit in einer Wohngemeinschaft zusammen. Die Polizistin begab sich auf die Suche nach einem Haus und beauftragte dementsprechend einen Makler, die Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrags nachzuweisen bzw. zu vermitteln. Den Besichtigungstermin führte der Makler anschließend mit der Polizistin und dem Polizisten durch. Einige Zeit später wurde dann der Kaufvertrag geschlossen. Erwerber war jedoch nicht die Polizistin, die Maklervertragspartnerin war, sondern vielmehr der Polizist. Die Polizistin bezog ebenfalls aufgrund eines Mietvertrags mit dem Polizisten das Objekt. Sie verweigerte im Folgenden die Zahlung der Maklerprovision. Sie war der Auffassung, dass eine entsprechende Verpflichtung nicht bestehe, da nicht sie, sondern ihr Kollege das Objekt erworben hatte. Hier irrte die Polizistin jedoch. Unzweifelhaft bestand ein Maklervertrag zwischen der Polizistin und dem Makler. Unzweifelhaft hatte der Makler das Objekt auch nachgewiesen. Des Weiteren wurde auch ein Hauptvertrag abgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Polizistin handelte es sich hierbei um einen Vertrag, der bei wertender Betrachtung als vom Maklervertrag mitumfasster Vertrag den Provisionsanspruch auslöst. Zwar ist es regelmäßig so, dass der Makler Abschlüssen seines Auftraggebers mit einem Dritten durch Nachweis oder Vermittlung zur Entstehung verhilft. Es kann aber, ausdrücklich oder bei entsprechender Wertung, auch ein Vertrag einer anderen Person mit dem Dritten ausreichend sein. Unter dem Stichwort der persönlichen oder wirtschaftlichen Identität werden im Maklerrecht nämlich diejenigen Fälle zusammengefasst, bei denen zwar der Auftraggeber des Maklers nicht selbst Partei des angestrebten Hauptvertrags wird, ihm die Leistung aber tatsächlich gleichwohl jedenfalls partiell zugute kommt. Nicht erforderlich ist, dass der Auftraggeber die Information bewusst missbräuchlich weitergibt, um dem Anspruch des Maklers zu entgehen. Es genügt vielmehr, wenn eine dem Auftraggeber persönlich oder wirtschaftlich eng verbundene Person den Hauptvertrag eingeht und der Auftraggeber hiervon ebenfalls Vorteile vermittelt erhält. Es geht darum, dass dem Auftraggeber die Leistung des Maklers jedenfalls auf Umwegen auch in irgendeiner Weise zugute kommt. Und hier ist eben der Polizistin der Erwerb durch ihren Kollegen zumindest in der Weise zugute gekommen, dass diese das Objekt mitbewohnt.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer OLG, Urteil vom 03.08.2005, 2 U 142/05

Fazit:

Eine sehr maklerfreundliche Entscheidung, die die Grenzen einer wirtschaftlichen bzw. persönlichen Identität sehr weit zieht. Bislang hat die Rechtsprechung eine persönliche Identität angenommen, wenn eine Ehe, eine Verwandtschaftsbeziehung oder eine Lebensgemeinschaft vorliegen. Das OLG Jena vertritt nach dieser Entscheidung die Auffassung, dass bereits das tatsächliche Näheverhältnis einer Wohngemeinschaft hierfür ausreicht, ohne dass die beiden Polizisten tatsächlich innerhalb einer (nichtehelichen) Lebensgemeinschaft zusammengelebt haben. Das Gericht hatte die Revision zum BGH nicht zugelassen, da es der Auffassung war, sich innerhalb der vom BGH gesetzten Grenzen zu diesem Problemkreis zu bewegen. Mithin sei jeweils der konkrete Einzelfall für die Beurteilung einer wirtschaftlichen bzw. persönlichen Identität maßgeblich.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge