Rz. 904

Im nichtunternehmerischen, ideellen Bereich ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. In der Praxis bedeutet dies, dass Stiftungen, die keine Zweckbetriebe und keine wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterhalten, bei allen bezogenen Lieferungen und Leistungen wirtschaftlich mit der Umsatzsteuer belastet sind.

 
Praxis-Beispiel

Belastung mit Umsatzsteuer bei Anmietung von Räumen

Besondere praktische Relevanz erhält dieses Ergebnis beispielsweise bei der Anmietung von Geschäftsräumen von gewerblichen Vermietern, die zur Umsatzsteuer optiert haben (§ 9 Abs. 1 UStG): Die rein ideell tätige gemeinnützige Stiftung trägt die Umsatzsteuer auf die Miete und wird dem Vermieter häufig aufgrund vertraglicher Vereinbarung zusätzlich seinen Umsatzsteuerschaden (§ 15a UStG) zu ersetzen haben. Verglichen mit gewerblichen Mietern bedeutet dies eine bis zu 38 Prozent höhere Miete für die Stiftung. Selbst eine Stiftung, die umfangreiche Werbeleistungen für einen Sponsor im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erbringt, ist in der Regel – wenn das Sponsoring dem ideellen Bereich zugutekommt – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.[1412]

Der Vorsteuerabzug ist auch ausgeschlossen für die Vorsteuer, die auf Umsätze entfällt, welche der Unternehmer für steuerfreie Umsätze einsetzt (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Verwendet die gemeinnützige Körperschaft daher bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen anderer Unternehmer für Umsätze, die einer Steuerbefreiung nach § 4 UStG unterliegen, so sind diese Umsätze vom Vorsteuerabzug auszunehmen. Für Unternehmer, die sowohl zum Vorsteuerabzug berechtigende als auch Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze tätigen, ist eine Aufteilung der Vorsteuer vorgesehen (§ 15 Abs. 4 UStG). Grundsätzlich sind Umsätze danach zu beurteilen, ob sie für steuerpflichtige oder steuerfreie Umsätze verwendet werden. Die Aufteilung ist nur dann vorzunehmen, wenn eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist. Im Zweifel ist eine sachgerechte, d. h. nachvollziehbare Schätzung des Unternehmers vorzunehmen (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG). Dabei ist es grundsätzlich Sache des Unternehmers, zu entscheiden, welche Schätzungsmethode er wählt; das Finanzamt kann jedoch nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht, d. h. nachvollziehbar ist.[1413]

 

Rz. 905

Besondere Schwierigkeiten wirft die Frage nach der Vorsteuerabzugsberechtigung bei gemischt im unternehmerischen und im nichtunternehmerischen Bereich genutzten Leistungen auf.

 
Hinweis

Anwendung der Seeling-Grundsätze

Mit Urteil v. 8.5.2003 hatte der EuGH[1414] ("Seeling") festgestellt, dass die private Nutzung eines Teils eines insgesamt gemischt unternehmerisch und privat genutzten Grundstücks als unentgeltliche Wertabgabe umsatzsteuerpflichtig ist. Die entwickelten Rechtsgrundsätze ließen sich auf gemeinnützige Einrichtungen übertragen, was ihnen erhebliche Gestaltungsspielräume eröffnete.[1415] Zum 1.1.2011 hat der Gesetzgeber das "Seeling-Modell" allerdings abgeschafft (vgl. § 15 Abs. 1b UStG).

 

Rz. 906

In Fällen, in denen eine gemeinnützige Körperschaft von vornherein eine gemischte Nutzung im unternehmerischen und im nichtunternehmerischen Bereich beabsichtigt, ist keine einheitliche Zuordnung möglich, vielmehr sind die Vorsteuerabzugsbeträge aufzuteilen: Ist ein Gegenstand oder eine sonstige Leistung sowohl für die unternehmerischen als auch für die nicht unternehmerischen Tätigkeiten einer Einrichtung bestimmt, kann der Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch genommen werden, als die Aufwendungen hierfür der unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen sind.[1416] Eine Verwendung für nichtunternehmerische (aber nicht unternehmensfremde) Zwecke, wie sie bei gemeinnützigen Körperschaften im ideellen Bereich typischerweise erfolgt, berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.[1417] Zur Vereinfachung lässt die Finanzverwaltung auf Antrag eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Einnahmen im unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereich zu.[1418] Dieses Verfahren dient der Vereinfachung, darf aber nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führen.

[1415] Küffner/Zugmaier, NWB 26/2006, Fach 7, S. 6733 f.
[1416] BFH, Urteil v. 3.3.2011, V R 23/10, BStBl 2012 II S. 74; Abschnitt 2.10 Abs. 5, 15.2 Abs. 15a UStAE.
[1417] Vgl. Abschnitt 15.2. Abs. 15 Satz 8 UStAE. Vgl. zur Differenzierung zwischen dem unternehmerischen und dem nichtunternehmerischen Bereich und dem Unterfall der unternehmensfremden Zwecke bzw. Privatentnahmen EuGH, Urteil v. 12.2.2009, C – 515/07, DStR 2009 S. 369 ff.; BFH, Urteil v. 3.3.2011, V R 23/10, BStBl 2012 II S. 74.
[1418] Vgl. Abschnitt 2.10. Abs. 6 ff. UStAE.

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