Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeit. Arbeitszeitnachweise. Auskunftspflicht. Auskunftsverweigerungsrecht. Selbstbelastung. Verbot. Selbstbezichtigung. Vollzugsinteresse. besonderes. Vorlagepflicht. gewerbeausichtsrechtlicher Anordnung. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Auskunftsverweigerungsrecht des § 17 Abs. 6 ArbZG bezieht sich nur auf die Auskunftspflicht nach § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG, nicht aber auf die Pflicht zur Vorlage bzw. Einsendung von Unterlagen nach § 17 Abs. 4 Satz 2 ArbZG.

2. Zum besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Anordnung nach § 17 Abs. 4 Satz 2 ArbZG.

 

Normenkette

ArbZG § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 2, 4 Sätze 1-2, Abs. 6; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Beschluss vom 01.02.2006; Aktenzeichen 10 K 71/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 01. Februar 2006 – 10 K 71/06 – wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das dortige Verfahren und für das Beschwerdeverfahren jeweils auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die nach § 146 Abs. 1 und 4 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem ihr Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 11.01.2006 gegen die für sofort vollziehbar erklärte (Nr. 2) und mit der Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,-- EUR verbundene (Nr. 3) Anordnung des Landratsamts Freudenstadt vom 22.12.2005 abgelehnt worden ist, für die Baustelle auf der A 81 im Bereich Horb-Empfingen sämtliche Bautagebücher und abrechnungsbegründenden Arbeitszeitnachweise für deren gesamte Laufzeit (Aug. – Okt. 2005) vorzulegen (Nr. 1), bleibt ohne Erfolg.

Der Senat sieht auch unter Würdigung der in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats – im Grundsatz – zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), keine Veranlassung, über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz anders als das Verwaltungsgericht zu entscheiden.

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht dem (besonderen) öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der unter Nr. 1 getroffenen Vorlageanordnung den Vorrang vor dem Interesse der Antragstellerin eingeräumt, von deren Rechtswirkungen einstweilen verschont zu bleiben.

Auch der Senat geht davon aus, dass die Anordnung der Vorlage der in Nr. 1 der landrätlichen Entscheidung bezeichneten Unterlagen aller Voraussicht nach keinen materiell-rechtlichen Bedenken begegnet (a) und an der sofortigen Vollziehung dieser Vorlagepflicht auch ein besonderes öffentlichen Interesse besteht (b).

a) Nach § 17 Abs. 4 des Arbeitszeitgesetzes (BGBl I 1994, 1170, zul. geänd. durch Art. 5 G. v. 22.12.2005, BGBl I. 3676) – ArbZG – kann das Landratsamt als die nach Landesrecht zuständige Aufsichtsbehörde (vgl. § 17 Abs. 1 ArbZG i.V.m. § 1 Nr. 3 der Arbeitszeitzuständigkeitsverordnung – ArbZZuVO – vom 08.02.1999, GBl. S. 86, i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) vom Arbeitgeber neben den für die Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen Auskünften (Satz 1) “ferner” die Vorlage der vom Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 ArbZG aufzuzeichnenden Arbeitszeitnachweise verlangen (Satz 2).

Das Landratsamt hat im Hinblick auf in einem Zeitungsartikel enthaltene Hinweise auf eventuelle Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz voraussichtlich zu Recht die Vorlage von Arbeitszeitnachweisen nach § 17 Abs. 4 Satz 2 ArbZG angeordnet; inwiefern die Vorschrift des § 17 Abs. 5 ArbZG, die die Beauftragten der Aufsichtsbehörden zum Betreten und Besichtigen, nicht jedoch zu einer Durchsuchung der Arbeitsstätten berechtigt (vgl. MünchArbR/Anzinger, 2. A. 2000, § 222 Rn. 17), ein die Antragstellerin weniger belastendes, jedoch gleich geeignetes Vorgehen ermöglichen sollte, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Der Vorlagepflicht nach § 17 Abs. 4 Satz 2 ArbZG kann die Antragstellerin auch nicht das ihr nach § 17 Abs. 6 ArbZG zustehende Auskunftsverweigerungsrecht entgegenhalten. Dieses bezieht sich – schon nach dem Wortlaut der Vorschrift – nur auf Auskünfte auf einzelne Fragen, die nach § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG vom Arbeitgeber verlangt werden dürfen, und nicht auf die Vorlage der in § 17 Abs. 4 Satz 2 ArbZG bezeichneten Unterlagen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.09.1984, VkBl 1985, 303; BVerwG, Urt. v. 09.08.1983, Buchholz 451.231 FPersG Nr. 1; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.03.2004 – 10 S 284/04 –; OLG Hamm, Beschl. v. 25.09.1991, NZV 1992, 159 jeweils zu § 4 Abs. 4 FPersG; auch BVerwG, Urt. v. 13.02.1997, Buchholz 406.25 § 31 BImSchG Nr. 1 zu § 52 Abs. 5 BImSchG; VG Berlin, Urt. v. 23.07.1987, NJW 1988, 1105 zu § 44 Abs. 4 KWG).

Der von der Antragstellerin vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Auskunft...

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