Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 22.02.2002; Aktenzeichen 1 BvR 300/02)

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 15.02.2002; Aktenzeichen 5 B 278/02)

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000,– Euro festgesetzt.

Der Beschluss wird den Beteiligten per Fax zugestellt.

 

Gründe

Zunächst war das Rubrum in entsprechender Anwendung von § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 5 Abs. 2 nordrhein-westfälisches Gesetz zur Ausführung der VwGO (AG VwGO NRW) – wie geschehen – zu ändern.

Der am 13. Februar 2002 bei Gericht eingegangene Antrag,

die aufschiebende Wirkung des mit Schriftsatz vom 12. Februar 2002 erhobenen Widerspruchs des Antragstellers gegen die polizeiliche Anordnung des Antragsgegners vom selben Tag anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Angesichts der im vorläufigen Rechtsschutz angezeigten summarischen Prüfung kann im Rahmen der vom Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung zunächst weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der auf § 34a Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG) gestützten Anordnung festgestellt werden.

Nach Abs. 1 Satz 1 dieser gesetzlichen Bestimmung kann die Polizei eine Person zur Abwehr einer von ihr ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer anderen Person aus einer Wohnung, in der die gefährdete Person wohnt, sowie aus deren unmittelbarer Umgebung verweisen und ihr die Rückkehr in diesen Bereich untersagen.

Bei der Feststellung des Sachverhaltes sind einerseits die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers sowie die Erklärung des 15 Jahre alten Sohnes seiner Lebensgefährtin, andererseits deren Einlassung sowie die Aussage ihrer 21 Jahre alten Tochter zu berücksichtigen. Danach kann zwar nicht sicher beurteilt werden, ob die dem Antragsteller zur Last gelegten tätlichen Übergriffe auf seine Lebensgefährtin tatsächlich stattgefunden haben; andererseits ist dies auch nicht ausgeschlossen. Eine weitere Sachaufklärung erscheint jedenfalls vor Ablauf der bis zum 22. Februar 2002 befristeten polizeilichen Anordnung nicht möglich.

Die Kammer ist daher gehalten, eine Interessenabwägung im engeren Sinne vorzunehmen. Dabei sind die für die widerstreitenden Rechtsgüter drohenden Gefahren zu bewerten und gegeneinander abzuwägen.

Nach diesem Maßstab überwiegt hier das Interesse an der körperlichen Unversehrtheit der Lebensgefährtin des Antragstellers gegenüber dem Interesse des Antragstellers, die gemeinsame Wohnung entgegen der streitbefangenen Anordnung weiterhin zu nutzen. Ein Übergewicht zu Gunsten der Rechtsgüter Leib, Leben und Freiheit einer Person ergibt sich im vorliegenden Fall nicht nur aus einer abstrakten Betrachtung heraus. Zu berücksichtigen ist konkret, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsteller in diese Rechtsgüter in erheblicher Weise zum Nachteil seiner Lebensgefährtin eingegriffen hat. Andererseits belastet ihn der Ausschluss aus der gemeinsamen Wohnung und dem gesamten Mehrfamilienhaus nur für einen begrenzten Zeitraum, wobei vom Standpunkt des Antragsgegners aus auch nachvollziehbar dargelegt worden ist, warum der räumliche Bereich auf das gesamte Mehrfamilienhaus ausgedehnt wurde. Dem Antragsteller ist es zumutbar, für die Dauer der polizeilichen Anordnung nach einer anderweitigen Unterkunft Ausschau zu halten. Der Antragsschrift zufolge hat der Antragsteller entsprechende Bemühungen auch bereits unternommen. Die mit der Suche nach einer kurzfristigen Unterkunftsmöglichkeit naturgemäß verbundenen Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber gesehen und offenbar in Kauf genommen. Das Gericht kann insoweit kein Missverhältnis zum Gesetzeszweck – nämlich dem Schutz von gefährdeten Personen – feststellen.

Im Hinblick auf die zugleich erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die verfügte Maßnahme in Höhe von 250 Euro gelten die vorstehenden Ausführungen zur Interessenabwägung im engeren Sinne entsprechend.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt den ab 1. Januar 2002 geltenden Auffangwert, der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist. Die Zwangsmittelandrohung ist streitwertmäßig nicht berücksichtigt worden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1672741

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