Aus § 269 Abs. 1, Abs. 2 BGB folgt, dass das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen grundsätzlich am Ort der Wohnanlage auszuüben ist. Allerdings fungiert der Verwalter als gesetzlicher Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und als deren Ausführungsorgan. Insoweit ist das Recht auf Einsichtnahme in den Geschäftsräumen des Verwalters auszuüben. Verweist der Verwalter einen Miteigentümer an einen anderen Ort der Einsichtnahme, wird das Recht auf Belegeinsicht verletzt.[1]

Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer auch nur einen Anspruch darauf, in den Räumen der Verwaltung Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu nehmen, wenn sich der Sitz der Verwaltung am Ort der Wohnungseigentumsanlage befindet. Die Wohnungseigentümer können nicht verlangen, dass ihnen die Verwaltungsunterlagen an einem "neutralen", möglicherweise von ihnen zu bestimmenden Ort zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden. Der Leistungsort für die Tätigkeiten des Verwalters ist nämlich dessen Sitz, sodass er von dort Auskünfte erteilt und die gewünschte Einsicht ermöglicht.[2] In Ausnahmefällen ist der Verwalter aber verpflichtet, einem Wohnungseigentümer die Einsicht außerhalb seiner Büroräume zu gewähren. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Wohnungseigentümer bei Einsicht in den Geschäftsräumen um seine körperliche Unversehrtheit fürchten muss.[3] Bloße diffamierende Äußerungen in der Vergangenheit genügen hingegen nicht.[4] Nicht geklärt ist, ob im Fall größerer Entfernung des Sitzes des Verwaltungsunternehmens von der Wohnungseigentumsanlage Einsicht vor Ort in der Wohnungseigentumsanlage zu gewähren ist. Hiergegen sprechen zweierlei Aspekte:

  1. Die Wohnungseigentümer haben den Verwalter trotz großer Entfernung seines Sitzes von der Wohnanlage bestellt.
  2. Die Wohnungseigentümer haben in diesem Fall Anspruch gegen den Verwalter auf Übersendung der Unterlagen in Kopie – selbstverständlich gegen entsprechende Kostenerstattung.

Anspruch auf Kopienübersendung

Zunächst und grundsätzlich ist der Verwalter nicht verpflichtet, Wohnungseigentümern auf ihren Wunsch hin Kopien von bestimmten Verwaltungsunterlagen zu fertigen und ihnen zu übersenden.[5] Der BGH hat zwar die Frage offen gelassen, ob bei großer Entfernung zwischen dem Sitz des Verwalters und der Wohnungseigentumsanlage Zumutbarkeitsgesichtspunkte auf Seiten des Wohnungseigentümers es erfordern, ihm die Einsichtnahme an dem Ort der Anlage zu gewähren. Allerdings betont er, dass sich eine Pflicht zur Übersendung von Ablichtungen bestimmter Unterlagen aus dem Einsichtnahmerecht des Wohnungseigentümers ergeben könne. Dies ist dann der Fall, wenn Treu und Glauben dies gebieten. Eine Versendungspflicht des Verwalters besteht jedenfalls dann, wenn

  • der einzelne Wohnungseigentümer andernfalls die ihm zustehenden Informationen nicht rechtzeitig, etwa vor einer Eigentümerversammlung, erlangen kann;
  • eine erhebliche räumliche Entfernung des Wohnungseigentümers vom Ort der möglichen Einsichtnahme besteht und ihm eine Anreise unzumutbar ist.[6]
 
Praxis-Beispiel

Die Sylter Ferienwohnung

Der zu 80 % schwerbehinderte Wohnungseigentümer hat eine Ferienwohnung auf Sylt. Die Wohnanlage wird von einem ortsansässigen Unternehmen verwaltet. Er selbst lebt mit seiner Gattin 500 Kilometer entfernt. Die Ferienwohnung wird lediglich alle paar Jahre einmal genutzt. Er begehrt vom Verwalter die Übersendung konkret bezeichneter Unterlagen. Dieser weigert sich.

Die Weigerung des Verwalters war rechtmäßig. Allein eine Schwerbehinderung rechtfertigt noch keinen Anspruch gegen den Verwalter auf Versendung von Kopien. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass der Wohnungseigentümer seine Gattin entsprechend beauftragen könnte.

Maßgeblich sind im Übrigen stets die Umstände des Einzelfalls. Ein Anspruch auf Übersendung von Kopien kann etwa im Fall längerer Erkrankung bestehen, die das Aufsuchen der Räume des Verwalters unmöglich oder unzumutbar macht. Auch ein hohes Alter des Wohnungseigentümers oder dessen Sehbehinderung können ein entsprechendes Begehren rechtfertigen.[7]

Auch wenn im Einzelfall einmal ein Anspruch gegen den Verwalter besteht, gegen Kostenerstattung die Anfertigung von Kopien hinreichend genau bezeichneter Belege vom Verwalter zu verlangen, kann die Forderung, alle Belege eines Wirtschaftsjahrs gegen Kostenerstattung kopiert und zugesandt zu bekommen, im Einzelfall gegen das Schikane- und Missbrauchsverbot verstoßen.[8]

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