Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Ort der Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen

 

Leitsatz (amtlich)

1) Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer nur einen

  • • Anspruch darauf in den Räumen der Verwaltung Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu nehmen, wenn der Sitz der Verwaltung am Ort der Wohnungseigentumsanlage ist.

2) In Ausnahmefällen ist der Verwalter aber verpflichtet, einem

  • • Wohnungseigentümer die Einsicht außerhalb seiner Büroräume zu gewähren (hier: der Wohnungseigentümer muß bei Einsicht in den Geschäftsräumen um seine körperliche Unversehrtheit fürchten).
 

Normenkette

BGB §§ 259, 666, 675; WEG § 28

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dr. M, M, V und F

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld

AG Bielefeld

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, soweit die Erstbeschwerde des Antragstellers als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

Die Sache wird insoweit zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer von 5 Eigentumswohnungen in der eingangs genannten Wohnungseigentumsanlage, die von der zu 2.) beteiligten Gesellschaft verwaltet wird.

Seit Jahren beanstandet der Antragsteller die Abrechnungen der Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, in welchem Umfang dem Antragsteller Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen zu gewähren sei. Nachdem dieser auch im Jahre 1996 wieder Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen begehrt hatte, war zunächst von der Verwalterin … ein Termin am 03.07.1996 genannt worden. Dieser Termin konnte jedoch nicht eingehalten werden, weil zu diesem Zeitpunkt die Unterlagen dem Beirat der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Prüfung vorlagen. Nach ihrer Behauptung teilte die Verwalterin dem Antragsteller mit Schreiben vom 25.07.1996 mit, er könne die Unterlagen am 31.07.1996 ab 10.00 Uhr bei ihr im Hause einsehen.

Für den 26.07.1996 hatte die Wohnungseigentümerin … mit der Verwalterin einen Termin zur Einsichtnahme in die Unterlagen vereinbart. Sie suchte deshalb gegen 09.00 Uhr die Räumlichkeiten der Verwalterin auf. In ihrer Begleitung befand sich u. a. der Antragsteller, der ebenfalls in die Unterlagen Einsicht nehmen wollte. Ihm wurde jedoch von dem Geschäftsführer … der Verwalterin der Zutritt verwehrt. Nach der Behauptung des Antragstellers kam es im folgenden zu einer Tätlichkeit seitens des Herrn … gegen ihn.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 14.08.1996 verlangte der Antragsteller von der Antragsgegnerin, sämtliche Unterlagen für mindestens 3 Tage an einem neutralen Ort einsehen und prüfen zu können. Dies lehnte die Antragsgegnerin ab und räumte ihm gleichzeitig die Möglichkeit ein, am 17.09.1996 ab 10.00 Uhr die Unterlagen in ihren Büroräumen einzusehen. Diesen Termin nahm der Antragsteller nicht wahr.

Der Antragsteller ist der Auffassung, ihm stehe im Hinblick auf den tätlichen Übergriff seitens des Herrn B… ein Anspruch darauf zu, die den Abrechnungen für die Jahre 1994. und 1995 zugrundeliegenden Belege an einem neutralen Ort einzusehen. Er hat deshalb bei dem Amtsgericht im Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz beantragt,

  1. der Antragsgegnerin aufzugeben, ihm Einsicht in nachstehende Unterlagen zu gewähren:

    • sämtliche Abrechnungsunterlagen für die Jahre 1994 und 1995, insbesondere Kontenplan, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Konten 1 und 2 (Buchungslisten) einschließlich Hausgeldkonten sowie Belege hierzu.
    • soweit die Daten edv-mäßig erfaßt seien, seien sie auszudrucken; ein Schlüssel bzw. Verzeichnis zu den Buchungen und Buchungslisten sei vorzulegen;
  2. anzuordnen, daß die Einsichtnahme nicht in den Büroräumlichkeiten der Antragsgegnerin, sondern an einem neutralen Ort zu erfolgen habe, und zwar gegen Erstattung der hierdurch entstehenden Kosten durch die Antragsgegnerin;
  3. der Antragsgegnerin aufzugeben, auf Verlangen des Antragstellers die notwendige Auskunft zu den vorgelegten Abrechnungs- und Verwaltungsunterlagen zu erteilen;
  4. der Antragsgegnerin eine Frist zur Gewährung der Einsichtnahme in die Unterlagen gem. Antrag zu 1) und zur Auskunftserteilung gem. Antrag zu 3) von zwei Wochen nach rechtskräftiger Entscheidung der Anträge zu setzen und im Falle der Nichterfüllung der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, hilfsweise Zwangshaft, anzudrohen.

Die Antragsgegnerin ist den Anträgen entgegengetreten.

Das Amtsgericht hat die Antragsschrift der Verwalterin mit dem Zusatz übersandt, die Zustellung erfolge gemäß § 27 Abs. 2 Ziffer 3 WEG mit Wirkung für alle Wohnungseigentümer. Mit Beschluß vom 16.01.1997 wies es die Anträge zurück. In den Gründen führte es u. a. aus, der Antragsteller hätte die von der Verwalterin angebotenen Termine zur Einsichtnahme der Verwaltungsunterlagen wahrnehmen können. Hieran ändere auch der von ihm behauptete Angriff auf ...

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