Das Wichtigste in Kürze:

1. Das 2. OpferRRG hat das Recht des Vernehmungsbeistandes wesentlich geändert.
2. Nach § 68b Abs. 2 S. 1 "ist" einem Zeugen, der bei seiner Vernehmung noch keinen anwaltlichen Beistand hat, für deren Dauer ein Rechtsanwalt beizuordnen.
3. Es müssen zudem "besondere Umstände" vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Zeuge seine Befugnisse bei seiner Vernehmung nicht selbst wahrnehmen kann.
4. Im Beiordnungsverfahren ist ein ausdrücklicher Antrag auf Beiordnung nach § 68b Abs. 2 S. 1 nicht erforderlich. Die StA muss der Beiordnung auch nicht zustimmen. Rechtsmittel richten sich nach § 68b Abs. 3 bzw. nach § 161a Abs. 3 S. 2.
4. Die Vorschrift gilt für das gesamte Verfahren, und zwar auch für polizeiliche Vernehmungen.
5. Für die Befugnisse des Vernehmungsbeistandes kann auf die Ausführungen zu den Befugnissen des allgemeinen Zeugenbeistandes verwiesen werden. Auch der Vernehmungsbeistand kann nach § 68b Abs. 1 S. 3 ausgeschlossen werden.
 

Rdn 4746

 

Literaturhinweise:

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Brune/Vollmer, Der Zeugenbeistand im Kartellordnungswidrigkeitenverfahren, wistra 2019, 175

Burhoff, Vergütung des Zeugenbeistands im Strafverfahren, RVGreport 2004, 458

ders., Die Abrechnung der Tätigkeit des Zeugenbeistands im Strafverfahren, RVGreport 2006, 81

ders., News aus Berlin – Was bringt das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz gebührenrechtlich Neues in Straf- und Bußgeldsachen?, StRR 2012, 14 = RVGreport 2012, 42

ders., Anwaltsvergütung für die Tätigkeit als Zeugenbeistand im Strafverfahren, RVGreport 2016, 122

Dahs, "Informationelle Vorbereitung" von Zeugenaussagen durch den anwaltlichen Rechtsbeistand, NStZ 2011, 200

Deckers, Verteidigung und Opferanwälte, StV 2006, 353

Gillmeister, Beistand für den Zeugen – ein Mandat ohne Schutz?, NStZ 2018, 561

Griesbaum, Der gefährdete Zeuge, NStZ 1998, 433

Klengel/Müller, Der anwaltliche Zeugenbeistand im Strafverfahren, NJW 2011, 23

König, Der Anwalt als Zeugenbeistand – Gegner oder Gehilfe der Verteidigung, in: Festschrift für Peter Rieß, 2002, S. 243

Matt/Dierlamm/Schmitt, Das (neue) Recht vom Zeugenbeistand und seine verfassungswidrigen Einschränkungen, StV 2009, 715

Mehle/Linz, Mitschrift einer Zeugenvernehmung durch den Zeugenbeistand, NJW 2014, 1160

Meyer-Lohkamp/Block, Akteneinsichtsrecht für Zeugenbeistände, zugleich Besprechung von BGH StraFo 2010, 253 = NStZ-RR 2010, 246, StraFo 2011, 86

Rieß, Zeugenschutz bei Vernehmungen im Strafverfahren, NJW 1998, 3244

ders., Das neue Zeugenschutzgesetz, insbesondere Video-Aufzeichnungen von Aussagen im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung, StraFo 1999, 1

Seitz, Das Zeugenschutzgesetz – ZSchG, JR 1998, 309

Stange/Rilinger, § 68b StPO: Akteneinsichtsrecht des Beistandes, ein noch immer ungeklärter Rechtszustand, StraFo 2002, 224

Traut/Nickolaus, Der anwaltliche Zeugenbeistand im Strafprozess – Gebotene Kostenübernahme durch den Arbeitgeber, StraFo 2019, 230

Volpert, Praktische Fragen und Probleme bei der Vergütung gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwälte, StRR 2011, 378

von der Meden, Akteneinsicht für den Zeugenbeistand? – zugleich Besprechung von LG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2019 – 620 Qs 9/19, jurisPR-StrafR 11/2020 Anm. 4

Wessing/Ahlbrecht, Der Zeugenbeistand, 2013

s.a. die Hinw. bei → Videovernehmung im Ermittlungsverfahren, Teil V Rdn 5133 und bei → Zeugenbeistand, Teil Z Rdn 5405.

 

Rdn 4747

1. Schon 1975 hatte das BVerfG ausdrücklich das Recht eines Zeugen im Strafverfahren anerkannt, sich bei seiner Vernehmung der Hilfe eines anwaltlichen Beistandes zu bedienen (vgl. BVerfG NJW 1975, 103). Mit der Einführung eines Vernehmungsbeistandes in § 68b durch das sog. Zeugenschutzgesetz (ZSchG) v. 30.4.1998 ist dieses Recht dann erstmals auch vom Gesetzgeber für einen Teilbereich (s. Teil V Rdn 4748 ff.) anerkannt worden. Das 2. OpferRRG v. 29.7.2009 hat das Recht des Vernehmungsbeistandes wesentlich geändert. Diese Änderungen sind Folge der vom 2. OpferRRG beabsichtigten Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren, die dazu geführt hat, das erstmals in § 68b Abs. 1 das Recht auf einen allgemeinen → Zeugenbeistand, Teil Z Rdn 5404, verankert worden ist. Bis dahin sah die StPO in § 68b S. 1 und 2 a.F. nur für besondere Fälle einen Vernehmungsbeistand vor, der einem Zeugen beigeordnet werden konnte. Diese Regelung ist jetzt unter Änderungen in § 68b Abs. 2 enthalten.

 

☆ Hier sind nur die mit der Beiordnung eines Vernehmungsbeistandes i.S.v. § 68b Abs. 2 zusammenhängenden Fragen dargestellt. Der allgemeine Zeugenbeistand des § 68b Abs. 1 S. 1 wird bei → Zeugenbeistand , Teil Z Rdn  5404 , behandelt.allgemeine Zeugenbeistand des § 68b Abs. 1 S. 1 wird bei → Zeugenbeistand, Teil Z Rdn 5404, behandelt.

 

Rdn 4748

2.a) Nach § 68b Abs. 2 S. 1 "ist" einem Zeugen, der bei seiner Vernehmung noch keinen anwaltlichen Beistand hat, für deren Dauer ein Rechtsanwalt beizuordnen.

 

☆ § 68b Abs. 2 hat die Rechte von Zeugen erweitern wollen. Das bedeutet, dass in alle...

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