Das Wichtigste

1. Der Begriff des Verletzten war in der StPO bislang nicht ausdrücklich bestimmt. Durch das "Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a." v. 25.6.2021 ist nun mit Wirkung ab 1.7.2021 in dem neuen § 373b der Begriff des Verletzten ausdrücklich definiert worden.
2. Nach § 373 Abs. 1 sind Verletzte diejenigen, die durch die Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, in ihren Rechtsgütern unmittelbar beeinträchtigt worden sind oder unmittelbar einen Schaden erlitten haben.
3. Die Regelung in § 373b Abs. 1 orientiert sich maßgeblich an der in der bisherigen Rspr. zu der zu den §§ 171, 172 entwickelten Begriffsbestimmung.
4. In § 373b Abs. 2 wird in Umsetzung von Art. 2 Nr. 1 Buchst. a Ziff. ii der Opferschutzrichtlinie der Begriff des Verletzten aus § 373b Abs. 1 erweitert, und zwar sind danach den Verletzten i.S. des Abs. 1 gleichgestellt.
 

Rdn 3632

 

Literaturhinweises:

Barton, Wie wirkt sich das 2. Opferrechtsreformgesetz auf die Nebenklage aus, StRR 2009, 404

Eisenberg, Referentenentwurf des BMJ "Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG)" 2010, HRRS 2011, 65

Ferber, Das Opferrechtsreformgesetz, NJW 2004, 2562

Hilger, Über den Begriff des Verletzten im Fünften Buch der StPO, GA 2007, 2287

Hoffmann, Die Akteneinsicht des "Verletzten" nach § 406e, StRR 2007, 249

Kauder, Verletztenvertretung, Nebenklage, Privatklage, in: MAH § 53

Kurth, Rechtsprechung zur Beteiligung des Verletzten am Verfahren, NStZ 1997, 1

Lauterwein, Akteneinsicht und -auskünfte für den Verletzten, Privatpersonen und sonstige Stellen §§ 406e und 475 StPO, 2011

Safferling, Die Rolle des Opfers im Strafverfahren – Paradigmenwechsel im nationalen und internationalen Recht?, ZStW 122, 87

Schroth, Die Recht des Opfers im Strafprozess, 2. Aufl., 2011

Schünemann, Der Ausbau der Opferstellung im Strafprozeß – Fluch oder Segen?, in: Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag, S. 687

Wenske, Weiterer Ausbau der Verletztenrechte? – Über zweifelhafte verfassungsrechtliche Begehrlichkeiten, NStZ 2008, 434

s. auch noch → Verletztenbeistand/Opferanwalt, Teil V Rdn 3615.

 

Rdn 3633

1.a) Der Begriff des Verletzten war in der StPO bislang nicht ausdrücklich bestimmt, obwohl sich an die Verletzteneigenschaft Verfahrensrechte knüpfen, wie z.B. das Recht zur AE nach § 406e (dazu Burhoff, EV, Rn. 348), die Möglichkeit einen Antrag nach § 172 zu stellen (zum Klageerzwingungsverfahren, Burhoff, EV, Rn 2760), das Recht zur Nebenklage (→ Nebenklage, Allgemeines, Teil N Rdn 2282 m.w.N.) oder auch das Recht auf einen → Verletztenbeistand/Opferanwalt, Teil V Rdn 3615 (eingehend zum Begriff des Verletzten Lauterwein, S. 25 ff.). Rspr. und Lit. haben den Begriff des Verletzten auch nicht immer gleich weit definiert, sondern sind teilweise von unterschiedlich weiten Begriffen ausgegangen. So hat die wohl h.M. betreffend die AE den Begriff in § 406e nur ebenso weit wie beim Klageerzwingungsverfahren ausgelegt (vgl. z.B. OLG Stuttgart StV 2014, 279 [Ls.]; LG Stralsund StraFo 2006, 76; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 406d Rn 2 m.w.N.; Hilger GA 2007, 287; s. wohl auch Hoffmann StRR 2007, 249 f., der aber für eine einschränkende Auslegung plädiert enger LG Stade StV 2001, 159; vgl. a. Burhoff, EV, Rn 2760). Demgegenüber ist z.B. das BVerfG von einem erweiterten Verletztenbegriff ausgegangen und hat z.B. den Verletzten i.S.d. → Adhäsionsverfahrens, Teil A Rdn 354, nach § 403 a.F. auch als Verletzten i.S.d. § 406e (BVerfG StRR 2009, 181 zum WpHG m. krit. Anm. Stephan; s. auch noch OLG Hamburg wistra 2012, 397 m. Anm. Stephan StRR 2012, 383; wie das BVerfG auch LR-Hilger, § 406e Rn 6]).

 

Rdn 3634

b) Durch das "Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a." v. 25.6.2021 (BGBl. I, S. 2099) ist nun mit Wirkung ab 1.7.2021 in dem neuen § 373b der Begriff des Verletzten ausdrücklich definiert worden. Eingestellt worden ist diese Neuregelung in einen neuen ersten Abschnitt des "Fünften Buches", das die "Beteiligung des Verletzten am Verfahren" regelt. Damit ist die Regelung an einer Stelle in der der StPO erfolgt, an der auch wesentliche Rechte und Befugnisse des Verletzten, wie zum Beispiel die Nebenklage (→ Nebenklage, Allgemeines, Teil N Rdn 2282), die Möglichkeit, Entschädigung im → Adhäsionsverfahren, Teil A Rdn 354, geltend zu machen (§§ 403 ff.), sowie die Akteneinsicht des Verletzten (§ 406e; dazu Burhoff, EV, Rn 348) und auch der → Verletztenbeistand/Opferanwalt, Teil V Rdn 3615, geregelt werden.

 

☆ Bei der Regelung in § 373b handelt es aber nicht um eine Regelung nur für die Vorschriften des Fünften Buches, sondern eine allgemeine , für die ganze StPO geltende Begriffsbestimmung (BT-Drucks. 19/27654, 98). Rechte von Verletzten finden sich nicht nur im Fünften Buch, sondern auch in anderen Teilen der StPO, wie z.B. u.a. in §§ 48 Abs. 1 S. 3, 68a Abs. 2, 69 Abs. 2 S. 2, 111l, 111n, 155a, 158, 171, 172, 406d bis 406k (→ Zeuge, Belehrung , Teil Z Rdn  4075 ; vgl. a. noch BT-Drucks. 19/27654, S. 39 ff.)allgemeine, für die ganze StPO geltende...

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