Rz. 308

Nur bestimmte Organisationen können in den Genuss der Gemeinnützigkeit kommen. "Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, sind von der Steuer befreit." Mit ähnlichem Wortlaut setzen die verschiedenen Steuergesetze die Voraussetzungen für die entsprechende Steuerbefreiung fest. Damit stellt die satzungsmäßige und tatsächliche Verwendung des Einkommens bzw. sämtlicher Mittel für gemeinnützige Zwecke die wichtigste Voraussetzung der Steuervergünstigungen für eine Körperschaft dar.

 

Rz. 309

Verfolgt eine Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke, gewähren die Einzelsteuergesetze Steuervergünstigungen, i. d. R. die Befreiung von der jeweiligen Steuer. Körperschaften in diesem Sinne sind rechtsfähige Stiftungen des Privatrechts, nicht-rechtsfähige Stiftungen (Sondervermögen kraft schuldrechtlicher Abreden), eingetragene Vereine, Kapitalgesellschaften (Gesellschaften mit beschränkter Haftung einschließlich Unternehmergesellschaften oder Aktiengesellschaften) sowie Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des Öffentlichen Rechts (§ 51 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. § 1 KStG). Personengesellschaften und natürliche Personen kommen für die Steuerbegünstigung nicht in Betracht.[368]

 

Rz. 310

Die Gewährung von Steuervergünstigungen für die Verfolgung von i. w. S. gemeinnützigen Zwecken ist an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft (§§ 51 bis 68 AO). So darf eine gemeinnützige Körperschaft nur die in §§ 52 bis 54 AO genannten Zwecke verfolgen.[369] Diese Zwecke müssen darüber hinaus in bestimmter Weise, nämlich selbstlos, ausschließlich und unmittelbar im Sinne der §§ 55 bis 57 AO verfolgt werden.[370] Bei der Zweckverwirklichung im Ausland wird zudem ein sogenannter "struktureller Inlandsbezug" der geförderten gemeinnützigen Zwecke verlangt.[371] Zudem stellen §§ 59 und 60 AO bestimmte formelle Anforderungen an die Satzung der begünstigten Körperschaft. Hierin liegt der Grund für die Beschränkung der Steuervergünstigungen auf Körperschaften im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes: Ein organisationsgebundenes Gemeinnützigkeitsrecht gibt dem Gesetzgeber die Möglichkeit, die steuerlichen Vorgaben auch satzungsgemäß zu verankern. Es genügt also nicht, dass eine Organisation tatsächlich steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Entscheidend ist vielmehr auch, dass sich diese Zielsetzung aus der Satzung ergibt.[372]

[368] Vgl. Rn. 115.
[369] Vgl. Rn. 322 ff.
[370] Vgl. Rn. 357 ff.
[371] Vgl. Rn. 312 ff.
[372] FG Saarland, Beschluss v. 4.8.2003, 1 V 145/03; s. dazu Walz, in Strachwitz/Mercker (Hrsg.), Stiftungen in Theorie, Recht und Praxis 2005, S. 433, 450 ff.; OFD Koblenz v. 28.7.2004, S 0183 A-St 33 1; Hüttemann, DStJG 26 (2003), S. 49, 51.

1.1 Allgemeines (§ 51 AO)

 

Rz. 311

Mit Wirkung zum 1.1.2009[373] hat der Gesetzgeber mit dem "strukturellen Inlandsbezug" und der "Extremismusklausel" allgemeine Regelungen zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland sowie zur Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung in die Abgabenordnung eingefügt.

[373] Vgl. Art. 87 § 1d Abs. 2 EGAO; Einfügung durch das Jahressteuergesetz 2009, BGBl 2008 I S. 2794.

1.1.1 Struktureller Inlandsbezug (§ 51 Abs. 2 AO)

 

Rz. 312

Bei der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke im Ausland setzt die Gewährung von Steuervergünstigungen einen sogenannten strukturellen Inlandsbezug voraus. Dieser kann entweder darin bestehen, dass natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) im Inland gefördert werden oder dass die Tätigkeit der geförderten Körperschaft – neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke – auch zum Ansehen der Bundesrepublik im Ausland beitragen kann (§ 51 Abs. 2 AO).[374]

[374] Vgl. im Einzelnen Weiten/Feldner, ZErb 2013, S. 88 ff.

1.1.1.1 Hintergrund: Urteile des EuGH in Sachen "Stauffer" und "Persche"

 

Rz. 313

Hintergrund der gesetzlichen Verschärfung für Körperschaften, die ihre Zwecke im Ausland verwirklichen, waren die Urteile des EuGH v. 14.9.2006 ("Stauffer")[375] und v. 27.1.2009 ("Persche"),[376] in denen die Verletzung europäischer Grundfreiheiten durch die Beschränkung der Steuervergünstigungen wegen Gemeinnützigkeit auf Inlandssachverhalte festgestellt wurde.

 

Rz. 314

Der BFH hatte in seinem Vorlagebeschluss in Sachen "Stauffer" dem EuGH die Frage vorgelegt, ob der Ausschluss einer gemeinnützigen, beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Stiftung von der Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit europarechtswidrig sei.[377] Infolge dieser Vorlage hat der EuGH mit Urteil v. 14.9.2006 entschieden, dass es gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV) verstoße, ausländischen Stiftungen die für im Inland ansässige Stiftungen mit dem Status der Gemeinnützigkeit verbundene Steuerbefreiung vorzuenthalten.[378] Seit dem Stauffer”-Urteil des EuGH steht damit fest, dass eine in einem Mitgliedstaat der EU als gemeinnützig anerkannte Körperschaft sich im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht innerhalb Deutschlands auf die mit dem Status ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge