Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Bemessung und Befristung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelichen Kindes.

 

Sachverhalt

Die Klägerin begehrte von dem Beklagten Unterhalt für die Betreuung eines gemeinsamen, nicht aus einer Ehe hervorgegangenen Kindes für die Zeit ab September 2008.

Die Parteien hatten seit 2003 einen gemeinsamen Haushalt und lebten bis August 2008 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Im November 2007 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Der Beklagte erkannte die Vaterschaft an. Er war außerdem Vater einer im Oktober 1996 geborenen Tochter. Auch die Klägerin hatte ein im April 1996 geborenes Kind aus einer früheren Beziehung. Der Beklagte zahlte für den gemeinsamen Sohn der Parteien Unterhalt.

Die Klägerin hatte nach Besuch der polytechnischen Oberschule in der Zeit von 1987 bis 1989 eine Berufsausbildung zur Facharbeiterin für Elektronik absolviert. Danach arbeitete sie in ihrem Ausbildungsbetrieb bis zum 30.10.1991. Aufgrund betriebsbedingter Kündigung war sie vom 1.11.1991 bis zum 31.7.1992 arbeitslos. Von August 1992 bis August 1994 nahm die Klägerin an einer vom Arbeitsamt geförderten Umschulung zur Zahnarzthelferin teil. Als solche arbeitete sie bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses vonseiten des Arbeitgebers bis zum 31.12.2008.

Sodann war die Klägerin arbeitslos und absolvierte vom 25.5. bis zum 19.10.2009 eine vom Arbeitsamt geförderte Weiterbildung zur medizinischen Schreibkraft. Seither war sie erneut arbeitslos.

Nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im August 2008 forderte die Klägerin den Beklagten zur Auskunftserteilung über sein Einkommen und sein Vermögen zur Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs gemäß § 1615l Abs. 2 BGB auf.

Sodann hat sie den Beklagten gerichtlich in Anspruch genommen. Erstinstanzlich wurde er zur Zahlung unterschiedlich hoher Beträge ab September 2008, zuletzt i.H.v. 249,00 EUR ab Januar 2010 verurteilt.

Gegen dieses Urteil wandte sich der Beklagte mit der Berufung. Sein Rechtsmittel erwies sich als zum Teil begründet.

 

Entscheidung

Das OLG sprach der Klägerin Unterhaltsbeträge von jeweils 213,00 EUR für die Monate September und Oktober 2008 zu, sowie Unterhalt i.H.v. 144,00 EUR monatlich ab Januar 2010.

Ein Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt dem Grunde nach bestehe durchgängig gegen den Beklagten, also auch für die Zeit der von der Klägerin absolvierten Weiterbildungsmaßnahme.

Gemäß § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB sei der Vater verpflichtet, der Mutter Unterhalt zu gewähren, soweit von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden könne. Die Unterhaltspflicht beginne frühestens vier Monate vor der Geburt und bestehe für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängere sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspreche. Dabei seien insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Für die Dauer der ersten drei Lebensjahre des Kindes habe der betreuende Elternteil die freie Wahl, ob er die Betreuung und Erziehung des Kindes in dieser Zeit selbst wahrnehmen wolle oder - um eine eigene Erwerbstätigkeit zu ermöglichen - staatliche Hilfen in Anspruch nehme (BGH FamRZ 2008, 1739, Tz. 97).

Im Übrigen komme es nicht mehr darauf an, ob ohne die Kindesbetreuung eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, ob also die Kindesbetreuung die alleinige Ursache für die Nichterwerbstätigkeit sei. Die Mutter sei jederzeit berechtigt, eine Berufstätigkeit während der ersten drei Lebensjahre des Kindes aufzugeben und sich ganz dessen Pflege und Erziehung zu widmen (BGH, FamRZ 2005, 442).

Entscheidend sei, dass von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden könne. Ob andere Gründe die Mutter an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit hinderten, sei im Rahmen von § 1615l BGB unbeachtlich.

Danach stehe eine von der Mutter etwa ausgeübte vollschichtige Tätigkeit dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt nicht grundsätzlich entgegen. Gleiches müsse auch dann gelten, wenn die Mutter - wie im vorliegenden Fall - in dem zeitlichen Umfang, der einer vollschichtigen Tätigkeit entsprechen würde, an einer vom Arbeitsamt geförderten Weiterbildungsmaßnahme teilnehme.

Vom Zeitpunkt der erneuten Arbeitslosigkeit an habe die Klägerin ohnehin wieder einen Unterhaltsanspruch, da sie bis zum dritten Geburtstag des Kindes jede Erwerbstätigkeit und damit auch jede Weiterbildung ohne Angabe von Gründen einstellen könne.

Ihr Unterhaltsbedarf sei nach den Einkünften zu bemessen, die sie aufgrund einer vollschichtigen Tätigkeit unmittelbar vor der Geburt des Kindes erzielt habe. Diese Einkünfte seien um die tatsächlich angefallenen berufsbedingten Aufwendungen zu bereinigen.

Das Maß des nach § 1615l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimme sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Anders als beim Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt, bei dem der Bedarf von den ehelichen Leben...

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