Leitsatz (amtlich)

Enthält ein Urteil, mit dem die unterstützte Hauptpartei obsiegt, keinen Ausspruch über die Kosten, die durch die Nebenintervention verursacht sind, kann der Nebenintervenient, dem das Urteil nicht zugestellt worden ist, ungeachtet dessen Rechtskraft auf Urteilsergänzung antragen (Ergänzung von BGH, Urt. v. 7.11.1974 - VII ZR 30//72, VII ZR 132/72, NJW 1975, 218).

 

Normenkette

ZPO § 321

 

Verfahrensgang

OLG Oldenburg (Oldenburg) (Aktenzeichen 13 U 36/98)

LG Osnabrück

 

Tenor

Das Urteil des BGH v. 9.1.2003 wird gem. § 321 ZPO dahin ergänzt, dass der Beklagte auch die Kosten des Nebenintervenienten trägt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

In dem vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger im Berufungsrechtszug dem Nebenintervenienten den Streit verkündet. Dieser ist daraufhin dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten, in der Revisionsinstanz allerdings nicht aufgetreten. Durch Urteil des BGH v. 9.1.2003 (BGH, Urt. v. 9.1.2003, DNotZ 2003, 426) ist der Klage - unter Aufhebung der gegenteiligen Entscheidungen in den Vorinstanzen - stattgegeben worden. Die Kosten des Rechtsstreits sind dem Beklagten auferlegt worden; über die Kosten des Nebenintervenienten verhält sich die Entscheidung nicht. Das Urteil ist rechtskräftig. Dem Nebenintervenienten ist es nicht zugestellt worden.

Am 23.3.2004 hat der Nebenintervenient beantragt, das Urteil gem. § 321 ZPO dahin zu ergänzen, dass der Beklagte auch die Kosten der Nebenintervention trägt.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Die zweiwöchige Frist des § 321 Abs. 2 ZPO hat nicht zu laufen begonnen, weil das Urteil dem Nebenintervenienten nicht zugestellt worden ist. Für den Fall einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung hat der BGH entschieden, dass für den Nebenintervenienten die Antragsfrist erst mit der Zustellung an ihn zu laufen beginnt (BGH, Urt. v. 7.11.1974 - VII ZR 30/72, VII 132/72, NJW 1975, 218); daran ändert nichts, dass das Urteil nur dem streitgenössischen Nebenintervenienten zugestellt werden muss.

Entsprechendes muss auch bei rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gelten (OLG Köln v. 12.7.1991 - 11 U 334/88, MDR 1992, 301 = OLGReport Köln 1991, 12 = OLGZ 1992, 244; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 321 Rz. 13; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 321 Rz. 9; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 321 Rz. 4). Da das Urteil eine Lücke aufweist, insofern also gerade keine Entscheidung vorliegt, steht die Rechtskraft einer späteren Ausfüllung der Lücke im Wege einer Urteilsergänzung nicht entgegen. Wenn die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO nicht läuft, ist auch die Rechtshängigkeit des übergangenen prozessualen Anspruchs nicht erloschen (BGH, Urt. v. 29.11.1990 - I ZR 45/89, MDR 1991, 673 = NJW 1991, 1683 [1684]). Soweit es an einem Ausspruch über die Kosten fehlt, die durch die Nebenintervention verursacht sind, muss es dem Nebenintervenienten möglich sein, auf eine Ergänzung hinzuwirken, solange er von dem Ergehen des lückenhaften Urteils keine Kenntnis hat. Zuverlässige Kenntnis könnte dem Nebenintervenienten nur die Zustellung des Urteils an ihn verschaffen. Durch die nachträgliche Ergänzung werden die Belange der unterstützten Hauptpartei nicht betroffen. Schützenswerte Interessen des unterlegenen Gegners stehen einer späteren Ergänzung ebenfalls nicht entgegen. Denn andernfalls, wenn der übergangene Kostenerstattungsanspruch nicht mehr rechtshängig wäre, könnte der Gegner mit einer neuen Klage auf Kostenerstattung in Anspruch genommen werden. Dass eine Urteilsergänzung noch lange nach Eintritt der Rechtskraft erfolgen kann, wenn die - nicht gebotene - Zustellung unterblieben ist, muss hingenommen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1288754

BGHR 2005, 456

EBE/BGH 2005, 1

FamRZ 2005, 442

NJW-RR 2005, 295

JurBüro 2005, 333

ZAP 2005, 118

MDR 2005, 526

AGS 2005, 358

RENOpraxis 2005, 74

RVG-B 2005, 37

RVGreport 2005, 77

ProzRB 2005, 116

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