Leitsatz

Umstellung einer Öl-Zentralheizung auf Fernwärme als modernisierende Instandsetzung; Mehrheitsbeschluss entsprach vorliegend Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung

 

Normenkette

§§ 22 Abs. 3, 21 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Aufgrund des hohen Alters der gesamten Zentralheizungsanlage (über 30 Jahre) konnte die Gemeinschaft über einen Gesamtaustausch der Anlage beschließen, allerdings auch einen Wechsel der Beheizungsart von der vorhandenen Ölbeheizung auf Fernwärme. Aufgrund einer mitbeschlossenen Energiestudie durch ein fachlich versiertes Planungsbüro wurde im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse eine brauchbare Grundlage für die Entscheidung der Eigentümer geschaffen; nach Diskussion und Abwägung der Vor- und Nachteile unter Berücksichtigung des Instandsetzungsbedarfs entschied sich die Gemeinschaft für einen Fernwärmeanschluss als sog. modernisierende Instandsetzung im Sinne des § 22 Abs. 3 WEG. Insoweit war von einer technisch besseren bzw. wirtschaftlich sinnvolleren Lösung bei einer solchen Neuerung gegenüber derjenigen auszugehen, die sich allein auf die Wiederherstellung des mangelfreien Zustands beschränkt (h.M.). Im Zuge der Abwägung sind insbesondere die Funktionsfähigkeit der bisherigen Anlage, das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Aufwand und zu erwartendem Erfolg, die künftigen laufenden Kosten, die langfristige Sicherung des Energiebedarfs, Gesichtspunkte der Umweltverträglichkeit zu berücksichtigen, zuletzt auch das Argument, inwieweit sich die geplante Modernisierung bereits bewährt und durchgesetzt hat (vgl. OLG Hamburg, ZMR 2005 S. 803).
  2. Vorliegend hatte sich auch der zuständige Kaminkehrermeister in seiner Zeugenvernehmung vor dem Amtsgericht dahingehend geäußert, dass die Eigentümer jederzeit damit rechnen müssten, dass wesentliche Teile der bisherigen Anlage unbrauchbar werden könnten; insoweit sei rechtzeitig Vorsorge für den Fall zu treffen, dass die Anlage endgültig ausfalle. Auch aufgrund der Energieeinsparverordnung müsse jedenfalls spätestens im Laufe des Jahres 2011 die Anlage teilweise erneuert werden. Seine Beanstandung habe der Kaminkehrermeister bereits der Verwaltung übermittelt.
  3. Weitere Sachverständigengutachten zur Frage, ob verschiedene Einzelteile der alten Anlage noch weiterverwendet werden könnten, mussten Amtsgericht und Landgericht nicht mehr einholen. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf (ZMR 1998 S. 185) betraf im Übrigen eine etwa erst 13 Jahre alte Heizungsanlage, bei der nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Ausfall nicht zu erwarten war.
  4. Die Entscheidung der Eigentümer entsprach auch der "Energiestudie" des beauftragten, anerkannten Planungsbüros (Auftragserteilung über bestandskräftigen Eigentümerbeschluss). In dieser Studie wurden die Investitionskosten der Fernwärme mit denen einer komplett neu zu erstellenden Öl-Zentralheizung gegenübergestellt (die Vergleichsberechnungen werden in den Gründen der Entscheidung bestätigend näher dargelegt; weiterhin bezieht sich die Kammer auf eigene aktuelle Recherchen im Internet, auch über aktuelle Heizölkosten). Mit zu berücksichtigen war auch eine evtl. erforderliche Reparatur des Erdöltanks und die Sanierung einer ausgefallenen 2. Heizölleitung, was in Kostenschätzungsvergleichen bisher nicht einmal berücksichtigt war. Zuletzt wurde auch festgestellt, dass Fernwärme durch Müllverbrennung erzeugt wird, was sich positiv auf die Energiebilanz auswirke.
 

Link zur Entscheidung

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.07.2010, 14 S 438/10 WEG

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