Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Unterbringung des Beschuldigten zur Beobachtung nach § 81 ist schon im Vorverfahren zulässig.
2. Die Unterbringung wird zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten angeordnet. Sie setzt dringenden Tatverdacht voraus. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist besonders zu beachten.
3. Vor der Anordnung, die durch gerichtlichen Beschluss ergeht, sind ein SV, der Verteidiger und die StA zu hören. Die Höchstdauer der Unterbringung beträgt insgesamt sechs Wochen.
4. Die Unterbringung des Beschuldigten kann für den Verteidiger zu erheblichen Problemen und Konflikten führen.
 

Rdn 4442

 

Literaturhinweise:

Eisenberg, Zum Verfahren der Unterbringung zur Beobachtung (§ 81 StPO) betreffend die Frage der Verhandlungsfähigkeit im Stadium der Hauptverhandlung – Zugleich Besprechung der Beschlüsse des LG Augsburg vom 3.2.2014 und des OLG München vom 5.3.2014, NStZ 2015, 433

Kangarani, Die Grenzen der ärztlichen Schweigepflicht im Rahmen der einstweiligen Unterbringung nach § 126a StPO, StraFo 2014, 101

Pott, Strafverteidigung bei drohender Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, StRR 5/2017, 4

s.a. die Hinw. bei → Einstweilige Unterbringung, Teil E Rdn 2224.

 

Rdn 4443

1. § 81 Abs. 1 gestattet die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, wenn ein Gutachten über den psychischen Zustand des Beschuldigten vorbereitet werden soll (zur einstweiligen Unterbringung nach § 126a → Einstweilige Unterbringung, Teil E Rdn 2223). Diese Unterbringung zur Beobachtung ist schon im Vorverfahren zulässig, jedoch nicht mehr nach Rechtskraft eines Urteils (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81 Rn 1 m.w.N.; zur Zulässigkeit der Unterbringung während laufender HV Eisenberg NStZ 2015, 433 m.w.N.).

 

☆ Ohne diese zeitliche Grenze und auch ohne Unterbringungsanordnung (s.u. Teil U Rdn  4451 ) ist die Beobachtung des Beschuldigten zulässig, wenn ein Unterbringungsbefehl gem. § 126a für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen wird (KK- Hadamitzky , § 81 Rn 3) oder solange er sich in einer JVA in U-Haft oder Strafhaft befindet und dort in einer psychiatrischen Abteilung beobachtet werden kann ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 81 Rn 2 m.w.N. auch zur a.A.).4451) ist die Beobachtung des Beschuldigten zulässig, wenn ein Unterbringungsbefehl gem. § 126a für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vollzogen wird (KK-Hadamitzky, § 81 Rn 3) oder solange er sich in einer JVA in U-Haft oder Strafhaft befindet und dort in einer psychiatrischen Abteilung beobachtet werden kann (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81 Rn 2 m.w.N. auch zur a.A.).

 

Rdn 4444

2. Voraussetzungen für eine Unterbringungsanordnung sind:

a) Nach § 81 Abs. 1 kann die Unterbringung (nur) angeordnet werden zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten. Sie ist damit

 

Rdn 4445

 

zulässig

zur Klärung der Schuldfähigkeit i.S.d. §§ 20, 21 StGB,
zur Klärung der Gemeingefährlichkeit i.S.d. §§ 63, 66 StGB (dazu OLG Nürnberg StV 2010, 510 für Verfahren nach §§ 275a, 246a),
zur Klärung der Verhandlungsfähigkeit (s. Meyer-Goßner/Schmitt, § 81 Rn 5 m.w.N.; BVerfG StV 1995, 617; zur Verhandlungsfähigkeit Burhoff, HV, Rn 3166 ff. m.w.N.; zur Unterbringung des Beschuldigten auf der Grundlage des § 81a zum Zweck der medizinischen Klärung, ob sich der Beschuldigte/Angeklagte selbst in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt hat [§ 231a] KG, Beschl. v. 30.10.2013 – 4 Ws 117–119/13; OLG München, Beschl. v. 5.3.2014 – 3 Ws 138/14 u.a.; Eisenberg NStZ 2015, 433),
zur Prüfung des Entwicklungsstandes eines Jugendlichen oder Heranwachsenden gem. §§ 73, 104 Abs. 1 Nr. 12, 109 Abs. 1 JGG, wozu auch die Fragen der §§ 3 JGG zählen (Eisenberg/Kölbel, JGG, § 73 Rn 3),
zur Anhörung eines weiteren SV, wenn der zunächst angehörte SV auf die Notwendigkeit der Stellungnahme eines SV mit Spezialkenntnissen hinweist, z.B. Epileptologe neben Arzt für Psychiatrie (OLG Hamm StV 2001, 56 [Ls.]).
 

Rdn 4446

 

unzulässig

zur Prüfung der Glaubwürdigkeit (BGH JR 1955, 472; OLG Celle StV 1987, 518),
zur Rekonstruktion einer vorübergehenden Bewusstseinsstörung infolge Alkohol- oder Medikamentengenusses (BGH MDR 1966, 383 [D]; KK-Hadamitzky, § 81 Rn 2).
 

Rdn 4447

b) Nach § 81 Abs. 2 S. 2 setzt die Anordnung dringenden Tatverdacht voraus. Diese Voraussetzung ist wie bei § 112 Abs. 1 zu beurteilen (→ Untersuchungshaft des Beschuldigten, Teil U Rdn 4474; Meyer-Goßner/Schmitt, § 81 Rn 6; zur Unterbringung während laufender HV Eisenberg NStZ 2015, 433).

 

Rdn 4448

c) Nach § 81 Abs. 2 S. 2 ist bei der Unterbringungsanordnung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besonders zu beachten (s.a. Nr. 61, 62 RiStBV). Die Unterbringung darf nicht angeordnet werden, wenn sie für den Beschuldigten schwerer wiegt als die Strafe oder die Maßregel, die er für die Straftat zu erwarten hat (Meyer-Goßner/Schmitt, § 81 Rn 7 m.w.N.; LR-Krause, § 81 Rn 14; BVerfG NJW 1983, 1179; LG Zweibrücken NJW 1997, 70 [Geldstrafe von 15 Tag...

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