Rz. 24

Gelangen keine Abkömmlinge des Erblassers zur Erbfolge, erben innerhalb der zweiten Gruppe der Ehegatte oder Lebenspartner, die Eltern des Erblassers und ferner die Personen, die mit dem Erblasser mindestens ein Jahr vor dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben und aus diesem Grund den gemeinsamen Haushalt mitgeführt haben oder auf Unterhalt des Erblassers angewiesen waren (§ 1636 Abs. 1 ZGB). Sie erben zu gleichen Teilen, der Ehegatte oder Lebenspartner jedoch mindestens die Hälfte (§ 1636 Abs. 2 ZGB). Innerhalb dieser Gruppe erbt der Ehegatte nach Auseinandersetzung des Gesamtguts oder der Lebenspartner somit mindestens zur Hälfte neben den genannten Personen. Sind solche nicht vorhanden, erbt der Ehegatte oder Lebenspartner allein.

 

Rz. 25

Eltern des Erblassers sind dessen Mutter und dessen Vater, wiederum unabhängig davon, ob diese noch verheiratet sind oder jemals waren. Hinsichtlich Stief-, Pflege- und adoptierter Kinder gelten die Ausführungen zu Abkömmlingen entsprechend (siehe Rdn 17 f.). Sind andere Erben der zweiten Gruppe nicht vorhanden, erben die Eltern zu gleichen Teilen allein. Im Gegensatz zum deutschen Recht treten an die Stelle weggefallener Elternteile nicht deren Abkömmlinge. Diese gelangen erst in der dritten Gruppe zur Erbfolge, so dass Eltern und Geschwister des Erblassers niemals zusammen gesetzliche Erben sein können. Beim Wegfall eines oder beider Elternteile erhöhen sich die Erbteile der übrigen Erben dieser Gruppe.

 

Rz. 26

Ist einem Elternteil die elterliche Sorge entzogen worden, scheidet dieser als gesetzlicher Erbe des Kindes aus (Erbunwürdigkeitsgrund nach § 1482 Abs. 2 ZGB).

 

Rz. 27

Weitere erbberechtigte Personen dieser Gruppe sind Personen, die mit dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seit mindestens einem Jahr im gemeinsamen Haushalt gelebt haben und aus diesem Grund entweder den Haushalt mitversorgt haben oder auf Unterhalt angewiesen waren. Hier kommt es also nicht auf verwandtschaftliche Verhältnisse an, sondern allein auf bestimmte tatsächliche Bedingungen, welche erforderlichenfalls im streitigen Gerichtsverfahren zu klären sind. Zu diesen Personen können z.B. Pflegekinder, nicht adoptierte Stiefkinder, frühere leibliche Kinder, die adoptiert worden sind, Lebensgefährte bzw. Lebensgefährtin oder auch der geschiedene Ehegatte gehören. Leben beide Elternteile nicht mehr, kann es also vorkommen, dass die getrennt lebende Ehefrau und die neue Lebensgefährtin des Erblassers je zur Hälfte erben. Das Erbrecht dieser Personen in der zweiten Gruppe hängt davon ab, dass die Eltern und/oder der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner Erbe werden. Gelangt keiner der letzteren zur Erbfolge, können die früher mit dem Erblasser zusammenlebenden Personen nicht allein erben, sondern nur mit den Erben der dritten Gruppe.

 

Rz. 28

Unabdingbare Voraussetzung für einen gemeinsamen Haushalt ist das sog. Wirtschaften aus einem gemeinsamen Topf, insbesondere also eine gemeinsame Einkommensverwendung und gemeinsame Haushaltsführung. Nach der Rechtsprechung schadet die Zahlung eines Entgelts für die Hausarbeit nicht, wenn im Übrigen ein gemeinsamer Haushalt vorliegt. Dagegen liegt ein gemeinsamer Haushalt nicht vor, wenn die Lebensgefährtin des Erblassers noch mit ihrem Ehemann wohnt und nur gelegentlich den Erblasser besucht und teilweise zum Haushalt beiträgt.[8] Auch die Pflege und Betreuung des Erblassers ohne einen gemeinsamen Haushalt genügt nicht.

 

Rz. 29

Personen, die auf den Unterhalt des Erblassers angewiesen waren, sind nicht nur Abkömmlinge und Eltern, die i.d.R. bereits in der ersten oder zweiten Erbgruppe zur Erbfolge gelangen, sondern z.B. die geschiedene Ehefrau. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind aber auch andere Personen, die nicht aufgrund Gesetzes unterhaltsberechtigt sind, aber die der Erblasser freiwillig unterstützt hat, wie z.B. Pflege- oder Stiefkinder, erfasst, sofern das Merkmal des gemeinsamen Haushalts vorliegt.[9] Erfüllt ein Erbe zwei Merkmale, wie z.B. Eltern, die im gemeinsamen Haushalt mit dem Erblasser gelebt haben und auf dessen Unterhalt angewiesen waren, so steht ihnen dennoch nur ein Erbteil zu.

[8] Muzikář, in: Holub a kolektiv, Občanský zákoník, komentář, Band 1, § 474 ZGB S. 629.
[9] Muzikář, in: Holub a kolektiv, Občanský zákoník, komentář, Band 1, § 475 ZGB S. 630.

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