§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG verleiht den Wohnungseigentümern einen Anspruch auf Gestattung von angemessenen Maßnahmen der baulichen Veränderung, die der Barrierefreiheit dienen. Begehrt nun ein Wohnungseigentümer den Einbau eines Treppenlifts, muss er selbst oder die (Mit)Nutzer seiner Sondereigentumseinheit nicht etwa an einer Behinderung leiden, der Anspruch besteht unabhängig hiervon. Bei der Beschlussfassung sind das "Ob" und das "Wie" der Maßnahme zu unterscheiden.

3.1 Das "Ob"

So die technischen Voraussetzungen[1]

eingehalten werden, wird der Einbau eines Treppenlifts wohl in aller Regel eine angemessene bauliche Veränderung darstellen. Folge ist, dass der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Gestattungsbeschlussfassung hat, weil wiederum in aller Regel das Ermessen der Wohnungseigentümer auf Null reduziert ist. Kommt der Gestattungsbeschluss nicht zustande, kann der Wohnungseigentümer eine Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erheben, die zielführend sein wird.

[1] Siehe hierzu Kap. 1.2.

3.2 Das "Wie"

Über die Durchführung der Baumaßnahme entscheiden die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung ebenfalls durch Beschluss. Es bedarf dabei keiner gesonderten Beschlussfassung, vielmehr können "Ob" und "Wie" in einem Beschluss geregelt werden.

Bezüglich des "Wie" können die Wohnungseigentümer zunächst entscheiden, ob die Maßnahme von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Kosten des bauwilligen Wohnungseigentümers durchgeführt wird, oder dem Wohnungseigentümer gestattet wird, die Baumaßnahme selbst und auf eigene Kosten durchführen zu können. Die Wohnungseigentümer können weiter Vorgaben regeln bezüglich der konkreten Bauausführung, der Farbgebung und Materialauswahl. Sie können auch einen Fachhandwerkervorbehalt regeln sowie Schutz- und Reinigungsmaßnahmen während der Bauzeit.

Problem: Rückbausicherheit

Ob im Fall der Gestattung baulicher Veränderungen, die nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG der Barrierefreiheit dienen, im Gestattungsbeschluss die Leistung einer Rückbausicherheit durch den oder die bauwilligen Wohnungseigentümer geregelt werden kann, wird unterschiedlich beurteilt. Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass Maßnahmen der Barrierefreiheit gerade nicht das Vorliegen einer Behinderung voraussetzen, vielmehr entsprechend der demographischen Entwicklung entsprechende Einrichtungen dauerhaft verbleiben sollen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass durch die Gestattung der Maßnahme der Soll-Zustand des Gemeinschaftseigentums neu definiert wird. Dies jedenfalls können Gründe gegen die Verpflichtung zur Leistung einer Rückbausicherheit darstellen.

3.3 Die Kosten

Die Kosten des Einbaus, des Betriebs und der Erhaltung des Treppenlifts hat der bauwillige Wohnungseigentümer zu tragen. Mehrere bauwillige Wohnungseigentümer haben die Kosten im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.

 
Praxis-Beispiel

Einbau auf Initiative von 3 Eigentümern

Der Treppenlifteinbau erfolgt auf Initiative von Wohnungseigentümer A, B und C. Kosten entstehen in Höhe von 12.000 EUR. Wohnungseigentümer A hat einen Miteigentumsanteil von 40/1.000, Wohnungseigentümer B einen solchen von 50/1.000 und Wohnungseigentümer C einen solchen von 35/1.000.

Die Kosten in Höhe von 12.000 EUR sind unter insgesamt 125/1.000 Miteigentumsanteilen zu verteilen. Auf Wohnungseigentümer A entfällt also ein Kostenanteil in Höhe von 3.840 EUR (32 %), auf Wohnungseigentümer B ein solcher von 4.800 EUR (40 %) und auf Wohnungseigentümer C ein Anteil von 3.360 EUR (28 %). Die durch den Betrieb des Treppenlifts entstehenden Betriebs- und Erhaltungskosten wären nach demselben Schlüssel unter den 3 Wohnungseigentümern zu verteilen.

Auf Grundlage von § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG können die Wohnungseigentümer aber auch einen von § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG abweichenden Kostenverteilungsschlüssel beschließen.

Im Fall der Durchführung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sollte eine Sonderumlage zulasten des oder der kostentragungsverpflichteten Wohnungseigentümer beschlossen werden. Zwar wäre eine entsprechende Belastung auch über die jeweiligen Jahreseinzelabrechnungen möglich, allerdings wäre vor Beginn der Baumaßnahme ihre Finanzierung nicht gesichert.

3.4 Musterbeschluss

Ein Musterbeschluss könnte wie folgt formuliert werden:

 
Praxis-Beispiel

Musterbeschluss Treppenlifteinbau

Zitat

Wohnungseigentümer E begehrt die Gestattung des Einbaus eines Treppenlifts in das gemeinschaftliche Treppenhaus auf eigene Kosten. Durch entsprechenden von Wohnungseigentümer E geführten Nachweis, bestehen keine Bedenken bezüglich des Brandschutzes. Durch Bestätigung der Gebäudeversicherung ist weiter sichergestellt, dass durch den Treppenlift der Versicherungsschutz nicht eingeschränkt wird.

Vor diesem Hintergrund wird dem Wohnungseigentümer W der Einbau eines Treppenlifts im Treppenhaus auf seine Kosten und in eigener Verantwortung genehmigt. Die Errichtung des Treppenlifts hat gemäß dem Angebot der Firma _____ vom _____ zu erfolgen, das in der Versammlung einschließlich Planskizze vorlag und das dem Beschlussprotokoll a...

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