Rz. 764

Das Kündigungsschutzgesetz findet auch auf die Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst uneingeschränkt Anwendung. Auch der öffentliche Arbeitgeber darf einen Arbeitsvertrag aus betriebsbedingten Gründen daher nur dann kündigen, wenn aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung und der nachfolgenden Umsetzung die Beschäftigungsmöglichkeit entfallen ist und die Kündigung auch nicht durch andere mildere Mittel, insbesondere die Weiterbeschäftigung auf anderen freien Arbeitsplätzen, verhindert werden kann. Gleichwohl sind die auf das Regelarbeitsverhältnis in der Privatwirtschaft abstellenden Kündigungsvoraussetzungen den Besonderheiten im öffentlichen Dienst anzupassen.

 

Rz. 765

Im öffentlichen Dienst kann eine unternehmerische Entscheidung zur Rechtfertigung der Kündigung unter anderem darin liegen, dass eine Angestelltenstelle in eine Beamtenstelle umgewandelt[1], im Haushaltsplan eine Stelle gestrichen[2] oder ein kw-Vermerk ("künftig wegfallend") angebracht wird.[3] Ein betriebliches Erfordernis zur Kündigung ist auch dann anzunehmen, wenn sich ein öffentlicher Arbeitgeber entscheidet, die nach dem Gesetz notwendige Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten in Zukunft von einer ehrenamtlichen Kraft wahrnehmen zu lassen. Hierin liegt keine unzulässige Austauschkündigung.[4]

 

Rz. 766

Ein Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst erfordert auch immer eine entsprechende Stelle im Haushaltsplan. Der Haushaltsgesetzgeber verabschiedet in zeitlich regelmäßigen Abständen einen Haushalts- und Stellenplan. Streicht er in diesem Stellenplan bisher besetzte, bestimmte, nach sachlichen Merkmalen näher bezeichnete Stellen für einzelne Dienststellen oder Betriebe, kommt dies einer innerbetrieblichen Unternehmerentscheidung gleich, die ein betriebliches Erfordernis zur Kündigung einer entsprechenden Anzahl von Arbeitnehmern darstellen kann. Die Haushaltsvorgaben stellen daher eine gestalterische Unternehmerentscheidung dar, an die die Gerichte gebunden sind. Die innere Berechtigung der Stellenstreichung ist einer gerichtlichen Überprüfung entzogen.

Entscheidend ist allerdings, dass Stellenstreichungen trotz der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte nicht ohne weiteres einen Grund für eine betriebsbedingte Kündigung darstellen. Erst der Vollzug der haushaltsrechtlichen Vorgaben führt zur Reduzierung des Beschäftigungsbedarfs. Schreibt der Haushaltsgesetzgeber vor, dass eine bestimmte Anzahl an Stellen in einem Bereich einzusparen sind, müssen die Dienststellenleitungen darüber entscheiden, in welchen Dienststellen welche Arbeitsplätze abgebaut werden. Ähnlich wie bei den außerbetrieblichen Gründen in der Privatwirtschaft bedarf es somit immer einer umsetzenden Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers.[5]

Einer Stellenstreichung im Haushaltsplan kann die Anbringung eines sog. kw-Vermerks ("künftig wegfallend") an einer Personalstelle gleichkommen. Der Vermerk kann eine Kündigung aber nur rechtfertigen, wenn auch insoweit eine nach sachlichen Merkmalen genau bestimmte Stelle im Stellenplan benannt und der kw-Vermerk zeitlich fixiert ist, d. h. bestimmt oder bestimmbar feststeht, wann die haushaltsrechtliche Stelle entfällt.[6]

 

Rz. 767

Auch die Umwidmung einer Angestellten- in eine Beamtenstelle kann die Kündigung eines Arbeitnehmers rechtfertigen. Dabei ist die unternehmerische Entscheidung, eine Stelle künftig nur noch mit Beamten zu besetzen, nicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, denn die Ausübung hoheitlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis i. S. v. Art. 33 Abs. 4 GG stehen.

Allerdings kann die bloße Umwidmung einer Stelle eine verdrängende Austauschkündigung dann nicht rechtfertigen, wenn der bisherige Stelleninhaber die Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt und in der relevanten Dienststelle von Beamten und Angestellten über einen längeren Zeitraum die gleichen Aufgaben wahrgenommen wurden. Zwar hat der betroffene Arbeitnehmer auf der Grundlage des kündigungsschutzrechtlichen Bestandsschutzes keinen Anspruch auf Beförderung (vgl. Rz. 743); bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit der Kündigung geht es aber auch nicht um einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Übertragung der Beamten-(Beförderungs-)stelle, sondern nur darum, dass bei bestehender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit kein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung vorliegt. Es ist dem Arbeitgeber deswegen im Hinblick auf § 162 BGB auch verwehrt, die neu geschaffene Beamtenstelle ohne Berücksichtigung des Arbeitnehmers mit einem externen Bewerber zu besetzen oder eine vorübergehend eingesetzte Ersatzkraft zum Beamten zu ernennen.[7]

 

Rz. 768

Auch die Privatisierung von bislang öffentlich-rechtlich durchgeführten Aufgaben kann Arbeitsplätze beim öffentlichen Arbeitgeber entfallen lassen und eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. Der öffentliche Arbeitgeber kann zur Erfüllung ...

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