Rz. 119
Als Gestaltungserklärung muss die Kündigung eindeutig sein. Der Kündigende muss also klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er das Arbeitsverhältnis beenden will und zu welchem Termin dies geschehen soll (ordentliche oder außerordentliche Kündigung). Die Worte "kündigen" oder "Kündigung" müssen nicht in der Erklärung enthalten sein. Die Erklärung ist gem. §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen.[1] Es kommt darauf an, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen durfte. Dabei ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn der Erklärung festzuhalten. Lässt sich nicht ermitteln, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist, ist die Erklärung gleichwohl als ordentliche Kündigung wirksam, da dies für den Empfänger die günstigere Auslegungsvariante ist.[2] Die "außerordentliche Kündigung" ist im Zweifel als fristlose Kündigung zu verstehen. Wird eine Auslauffrist gewährt, muss der Kündigende deutlich machen, dass es sich gleichwohl um eine außerordentliche Kündigung handelt.[3] Wenn der Tarifvertrag gem. § 622 Abs. 4 Satz 1 BGB eine ordentliche Kündigung ohne Kündigungsfrist zulässt, muss klargestellt werden, dass es sich nicht um eine außerordentliche Kündigung handelt (BAG, Urteil v. 4.6.1987, 2 AZR 416/86[4]). Die ordentliche Kündigung ist auch dann hinreichend bestimmt, wenn sie keinen konkreten Kündigungstermin beinhaltet. Sie kann "zum nächst zulässigen Termin" ausgesprochen werden, wenn für den Empfänger kein Zweifel an der Kündigungsfrist besteht.[5] Die Kündigungsgründe müssen grds. nicht angegeben werden.[6]
Eine Nichtverlängerungsmitteilung ist keine Kündigung und kann ihr auch nicht gleichgestellt werden. Durch diese Mitteilung macht der Arbeitgeber deutlich, dass er nicht gewillt ist, einen Anschlussvertrag einzugehen. Die Kündigung ist dagegen eine Willenserklärung, mit der der Arbeitgeber seinen rechtsgeschäftlichen Willen zum Ausdruck bringt, das Arbeitsverhältnis durch diese Erklärung zu beenden (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 9.11.2021, 6 Sa 106/21).
Rz. 120
Die Kündigungserklärung ist gem. dem Bestimmtheitsgrundsatz – wie jede Gestaltungserklärung – bedingungsfeindlich, d. h. sie darf nicht von einer Bedingung i. S. d. § 158 BGB (d. h. von einem ungewissen zukünftigen Ereignis) abhängig gemacht werden.
Beispiel
Unwirksam ist eine Kündigung unter der Bedingung, dass
- dem Arbeitgeber ein bestimmter Auftrag nicht erteilt wird (BAG, Urteil v. 15.3.2001, 2 AZR 705/99[7]),
- die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist verbessert, denn der Bedingungseintritt hängt von einer Begutachtung ab[8],
- ein Dritter seine Zustimmung erteilt (BAG, Urteil v. 10.11.1994, 2 AZR 207/94[9]).
Rz. 121
Eine Bedingung ist allerdings zulässig, wenn der Bedingungseintritt allein vom Willen des Kündigungsempfängers abhängt, sog. Potestativbedingung. Ein gesetzlich geregelter Fall ist die Änderungskündigung.[10]
Rz. 122
Bestimmtheit und Bedingungsfeindlichkeit der Kündigung dienen der Rechtsklarheit. Der Streit über den Inhalt der Erklärung ist im Rahmen der allgemeinen Feststellungsklage zu führen.[11] Soweit die Kündigung unter einer Potestativbedingung steht und ihre Wirksamkeit im Übrigen streitig ist, muss der Arbeitnehmer als Empfänger der Kündigung rechtzeitig eine Kündigungsschutzklage erheben, vgl. §§ 4, 7 KSchG. Der Beginn der Klagefrist ist in diesem Fall streitig. In Betracht kommt
- wie üblich der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung, jedoch ist in diesem Moment völlig ungewiss, ob die Bedingung eintreten und das Arbeitsverhältnis beenden wird,
- der Zeitpunkt, in dem eine Entscheidung des Arbeitnehmers in zumutbarer Weise verlangt werden kann, jedoch ist dieser Zeitpunkt schwer zu bestimmen und bietet daher keine Rechtssicherheit,
- der Zeitpunkt des Bedingungseintritts.[12]
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