Rz. 144

Die Dauer der Arbeitszeit ist grundsätzlich Gegenstand freier Vereinbarung bei Vertragsschluss,[1] der jedoch vor allem durch die Bestimmungen des ArbZG, außerdem sehr häufig durch tarifvertragliche Normen, Grenzen gezogen werden. Gesetzliche oder tarifvertragliche Bestimmungen über die (Höchst-)Dauer der Arbeitszeit begründen weder eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung noch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Beschäftigung.[2] Wird keine konkrete Arbeitszeit vereinbart und liegen auch keine konkretisierenden betrieblichen oder tariflichen Regelungen vor, gilt als zu leistende Arbeitszeit die übliche Arbeitszeit im Betrieb.[3]

 

Rz. 145

Es besteht kein Recht des Arbeitgebers, kraft Direktionsrecht den Umfang der Arbeitszeit einseitig zu ändern.[4] Dies gilt auch dann, wenn dem Arbeitgeber ein solches Recht im Einzelarbeitsvertrag eingeräumt wird. Nach BAG stellt eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die den Arbeitgeber berechtigen soll, die zunächst festgelegte Arbeitszeit später einseitig nach Bedarf zu reduzieren bzw. zu erhöhen, eine objektive Umgehung von zwingenden Vorschriften des Kündigungs- und Kündigungsschutzrechts dar und ist daher nach § 134 BGB nichtig.[5]

 

Rz. 146

Strittig ist aber, ob der Arbeitgeber zur einseitigen Änderung kraft Direktionsrechts berechtigt ist, wenn ihn ein Tarifvertrag hierzu ermächtigt. Gibt eine tarifvertragliche Bestimmung dem Arbeitgeber das Recht, einseitig die Arbeitszeit über die tariflich festgelegte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus in einem tariflich vorgegebenen Rahmen zu verlängern und wieder entsprechend zu verkürzen, so bestehen für das BAG keine allgemeinen rechtlichen Bedenken.[6] In Abweichung vom früheren § 15 Abs. 2 BAT ermächtigt § 6 Abs. 4 ff. TVöD den Arbeitgeber nicht mehr zu einer einseitigen Veränderung; eine solche ist nur aufgrund von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen möglich.

 

Rz. 147

Umstritten ist ferner, ob im Einzelvertrag wirksam eine längere Arbeitszeit vereinbart werden kann, als ein anwendbarer Tarifvertrag vorsieht.[7] Die Beantwortung der Frage hängt nicht zuletzt von dem Verständnis des Günstigkeitsprinzips[8] ab.[9] Gegen eine Begrenzung durch Tarifvertrag und für den Vorrang der individuellen Vereinbarung wird mit zutreffender Argumentation vorgebracht, dass nur aus Sicht des einzelnen Arbeitnehmers beurteilt werden kann, ob eine längere Arbeitszeit und damit eine kürzere Freizeit für den Arbeitnehmer günstiger ist.[10]

[1] Zu den Grenzen der Gestaltung betrieblicher Arbeitszeitmodelle s. Lohbeck, ZTR 2001, S. 342 ff.
[2] Linck in Schaub, ArbRHdb, § 45, Rz. 43.
[4] Richardi in Staudinger, § 611 BGB, Rz. 315.
[5] BAG, Urteil v. 12.12.1984, 7 AZR 509/83, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 6.
[7] Wank in Wiedemann, § 4 TVG, Rz. 479 ff.; eingehend Buchner, RdA 1990, S. 8 ff.
[9] Ausf. Joost, ZfA 1985, S. 173 ff.
[10] Reichold in MünchArbR, § 40, Rz. 91.

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