Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Statthaftigkeit. Beschwerde. einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem LSG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde der Staatskasse gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist statthaft.

2. Einschlägige Verfahrensgebühr für ein Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz vor dem Landessozialgericht ist Nr 3501 VV-RVG (juris: RVG-VV Nr 3501) (vgl LSG Erfurt vom 3.4.2012 - L 6 SF 229/12 B, vom 29.3.2012 - L 6 SF 1983/11 B = NZS 2012, 678, vom 14.3.2012 - L 6 SF 86/12 B = NZS 2012, 677, vom 29.6.2011 - L 6 SF 247/11 B, vom 15.3.2011 - L 6 SF 975/10 B; LSG Essen vom 3.8.2011 - L 7 AS 681/11 B = AGS 2012, 181, vom 5.5.2008 - L 20 B 139/07 SO; LSG Darmstadt vom 5.4.2011 - L 2 SF 205/10 E = AGS 2012, 180).

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 1. März 2012 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 190,40 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Beschwerdeverfahren vor dem Thüringer Landessozialgericht (Az.: L 8 SO 220/09 ER) streitig.

Am 12. Januar 2009 beantragten die von dem Beschwerdeführer vertretenen Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Gotha, den Landkreis W. Land im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Kosten für Leistungen zur Sicherung zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren. Mit Beschluss vom 18. Februar 2009 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Auf die Beschwerde änderte der der 8. Senat des Thüringer Landessozialgerichts ihn mit Beschluss vom 23. Juni 2009 ab und stellte fest, dass die Widersprüche der Antragstellerin zu 1. gegen die Bescheide der Antragsgegnerin aufschiebende Wirkung haben; im Übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trage ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller. Ihnen werde ab 24. März 2009 Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Beschwerdegegners gewährt.

In seiner Kostenrechnung vom 26. Juni 2009 beantragte der Beschwerdegegner für das Beschwerdeverfahren die Festsetzung von 909,16 Euro:

Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV-RVG

 465,00 Euro

Nr. 1008 VV-RVG für zwei zusätzliche Auftraggeber

 279,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

 764,00 Euro

MWSt   

 145,16 Euro

Gesamtsumme

 909,16 Euro

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Mai 2011 setze der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UKB) folgende Gebühren fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV-RVG

 310,00 Euro

Nr. 1008 VV-RVG für zwei zusätzliche Auftraggeber

 186,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

MWSt   

 98,04 Euro

Gesamtsumme

 614,04 Euro.

Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigten nur durchschnittliche Gebühren. Die überdurchschnittliche Bedeutung werde durch unterdurchschnittliche Vermögens- und Einkommensverhältnisse kompensiert.

Unter dem 8. August 2011 hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und beantragt, die Vergütung auf 190,40 Euro festzusetzen:

Verfahrensgebühr Nr. 3501 VV-RVG

 87,50 Euro

Erhöhung für zwei weitere Auftraggeber

 52,50 Euro

Pauschale Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

Zwischensumme

160,00 Euro

MWSt   

 30,40 Euro

Gesamtsumme

190,40 Euro

Der Beschwerdegegner hat vorgetragen die Erinnerung sei verfristet; im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, warum für das Beschwerdeverfahren Nr. 3501 VV-RVG einschlägig sei.

Mit Beschluss vom 1. März 2012 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen und ausgeführt, Nr. 3501 VV.RVG komme nur in Betracht, wenn das "Grundverfahren" ein Erinnerungsverfahren sei; hier liege der Festsetzung ein Verfahren nach dem SGB XII zu Grunde.

Gegen den am 19. März 2012 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer 27. März 2012 Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf seinen Antrag im Erinnerungsverfahren verwiesen.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 1. März 2012 aufzuheben und die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 190,40 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich innerhalb der gesetzten Frist zur Sache nicht geäußert.

beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 12. Juli 2012) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.

II.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist - entgegen der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung im Beschluss der Vorinstanz - nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 15. März 2011 - Az.: L 6 SF 975/10 B, 25 Oktober 2010 - Az.: L 6 SF 652/10 B, 26. Januar 2009 - Az.: L 6 B 256/08 SF; 16. Januar 2009 - Az.: L 6 B 255/08 SF, 26. November 2008 - Az.: L 6 B 130/08 SF) und zulässig. Der Beschwerdewert von 200,00 Euro (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 A...

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