Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Verfahrensgebühr. Anwendbarkeit des verminderten Gebührenrahmens der Nr 3103 RVG-VV. Tätigkeit im Beschwerdeverfahren. Anwendung der Nr 3501 RVG-VV

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Sondervorschrift der Nr 3103 VV-RVG (juris: RVG-VV) findet auch für Gebühren eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b SGG Anwendung (vgl LSG Erfurt vom 24.11.2010 - L 6 SF 653/10 B und 6.3.2008 - L 6 B 198/07 SF).

2. Einschlägige Gebühr für ein Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist die Nr 3501 VV-RVG. Eine speziellere Regelung als diese Auffangvorschrift enthält das Gesetz nicht (vgl LSG Essen vom 5.5.2008 - L 20 B 139/07 SO; SG Berlin vom 6.12.2010 - S 180 SF 1755/09 E = AGS 2011, 232; SG Aachen vom 9.4.2008 - S 11 AS 154/06 ER = ASR 2008, 161). Eine analoge Anwendung der Nr 3204 VV-RVG kommt nicht in Betracht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 27. Juli 2010 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 615,17 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

 

Gründe

I. Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Altenburg (Az.: S 37 AS 283/08 ER) und das Beschwerdeverfahren vor dem Thüringer Landessozialgericht (Az.: L 7 AS 644/08 ER) streitig.

Die von dem Beschwerdeführer vertretenen Antragsteller, eine Bedarfsgemeinschaft von zwei Personen, beziehen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Antragsgegnerin (Stadtverwaltung J. bewilligte ihnen auf den von dem Beschwerdeführer erhobenen Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. September 2007 (August 2007: 23,71 Euro, ab September 2007: 982,17 Euro) für den Zeitraum 21. bis 31. August 2007 zusätzliche Leistungen in Höhe von 49,66 Euro und setzten die Leistungen vom 1. Januar bis 31. August 2008 auf insgesamt 762,42 Euro monatlich fest (Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2007). Am 21. Januar 2008 erhoben die Antragsteller beim Sozialgericht Altenburg Klage und beantragten am 23. Januar 2008, die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen und ihnen bis 31. August 2008 weitere 169,50 Euro zu zahlen (Az.: S 37 AS 283/08 ER). Mit Beschluss vom 25. März 2008 gewährte ihnen das Sozialgericht Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung ab dem 25. Januar 2008 und ordnete den Beschwerdeführer bei. Mit Beschluss vom 21. Mai 2008 lehnte es den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Auf die Beschwerde ordnete der 7. Senat des Thüringer Landessozialgerichts mit Beschluss vom 13. August 2008 (Az.: L 7 AS 644/08) die aufschiebende Wirkung der Klage vom 21. Januar 2008 gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2007 an, wies im Übrigen die Beschwerde zurück und gewährten den Antragstellern PKH unter Beiordnung des Beschwerdeführers für das Beschwerdeverfahren; die Antragsgegnerin habe den Antragstellern die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Am 8. Januar 2009 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren:

1. Instanz

1. Instanz

Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG

325,00 Euro

138 Ablichtungen Nr. 7000 Abs. 1 VV RVG

38,20 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

USt 19 v.H

72,81 Euro

456,01 Euro

./. Vorschusszahlung

410,55 Euro

Rest

45,56 Euro

2. Instanz:

Verfahrensgebühr Nr. 3204, 1008 VV RVG

403,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

USt 19 v.H.

80,37 Euro

503,37 Euro

Unter dem 20. Januar 2001 verfügte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die Anweisung der zu erstattenden Gebühr entsprechend dem Antrag und forderte von der Antragsgegnerin die Zahlung von 479,73 Euro (456,01 Euro + 503,46 Euro = 959,47 Euro : 2) an.

Am 28. Januar 2009 hat die Antragsgegnerin Erinnerung eingelegt und die Anwendung der Nr. 3103 VV RVG, die Erstattung der gesamten Ablichtungen und die Errechnung der Gesamtvergütung beanstandet (Az.: S 36 SF 541/09). Am 9. Oktober 2009 hat der Beschwerdegegner Erinnerungen gegen beide Festsetzungen eingelegt (Az.: S 36 SF 217/09 E, S 36 SF 221/09 E). Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien auf 332,25 Euro festzusetzen (Az.: S 36 SF 217/09 E); in Betracht komme statt der Nr. 3102 VV RVG nur die Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 170,00 Euro. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien auf 159,16 Euro festzusetzen (Az.: S 36 SF 221/09 E). Hier komme nur die Verfahrensgebühr 3501 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr zum Tragen, die nach Nr. 1008 VV RVG zu erhöhen sei.

Mit Beschluss vom 27. Juli 2010 hat das Sozialgericht die Rechtsstreite Az.: S 36 SF 217/09 E, S 36 SF 221/09 E und S 36 SF 541/09 miteinander verbunden, den Rechtsstreit Az.: S 36 SF 541/09 z...

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