Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Prozessvollmacht

 

Leitsatz (amtlich)

Eine im Hauptsacheverfahren erteilte Vollmacht erstreckt sich nach Rücknahme der Klage nicht auf ein Überprüfungsverfahren nach § 124 ZPO (vgl LSG Erfurt, Beschluss vom 17.5.2004 - L 6 SF 90/04; LArbG Hamm, Beschluss vom 14.7.2003 - 4 Ta 820/02; OLG München, Beschluss vom 18.8.1992 - 12 WF 932/92; aA LArbG Stuttgart, Beschluss vom 2.7.2002 - 20 Ta 13/02).

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 15. Dezember 2005 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Gründe

I.

Im Klageverfahren des Beschwerdeführers gegen die Bundesanstalt für Arbeit (Az.: S 2 AL 1421/02) bewilligte die 2. Kammer des Sozialgerichts Nordhausen dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 18. April 2003 Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung und ordnete Rechtsanwalt P. S., N. bei. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 9. Juni 2004 nahm der Kläger die Klage zurück.

Am 11. Mai 2005 beantragte der Beschwerdegegner beim Sozialgericht eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen. Der Vorsitzende der 2. Kammer verfügte, diesen Schriftsatz dem früheren Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers zur Stellungnahme zu übersenden eine neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen: Nachdem zweimal erfolglos an die Erledigung erinnert worden war hob das Sozialgericht mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 die Bewilligung der PKH nach § 124 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf und stellte ihn dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten mit Postzustellungsurkunde am 22. Dezember 2005 zu.

Dagegen hat dieser am 3. Januar 2005 “Namens und in Vollmacht„ seines Mandanten Beschwerde eingelegt und ausgeführt, er werde entsprechende Nachweise über dessen Einkommensverhältnisse vorlegen und weiter gebeten, bis zur Rechtskraft des Beschlusses von “entsprechenden Einziehungsmaßnahmen„ abzusehen. Das Sozialgericht hat diese Bitte als Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ausgelegt und ihn als unzulässig abgelehnt, da er sich gegen seinen Beschluss vom 15. Dezember 2005 richte (Az.: S 2 SF 33/06 ER).

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 15. Dezember 2005 aufzuheben.

Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 9. Januar 2006) und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senatsvorsitzende hat den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit Verfügung vom 6. März 2006 darauf hingewiesen, dass die Vollmacht fehle. Nach der Senatsrechtsprechung (Beschluss vom 17. Mai 2004 - Az.: L 6 SF 90/04) gelte die Prozessvollmacht des Hauptsacheverfahrens für ein späteres Verfahren nach §§ 124, 120 Abs. 4 ZPO nicht. Sofern bis zum 30. März 2006 keine neue Prozessvollmacht vorgelegt werde, werde die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Unter dem 3. April 2004 hat der Senatsvorsitzende die Verfügung vom 6. März 2006 nochmals übersandt. Nachdem die Vollmacht und das Empfangsbekenntnis beim Senat bisher nicht eingegangen seien, werde eine letzte Frist zur Erledigung bis 24. April 2006 gesetzt. Die Verfügung ist dem Prozessbevollmächtigten lt. Postzustellungsurkunde am 6. April 2006 zugestellt worden. Eine Reaktion ist bis zur Beschlussfassung nicht erfolgt.

Am 5. April 2006 sind beim Senat diverse vom Beschwerdeführer beim Sozialgericht Nordhausen eingereichte Unterlagen zu seinen Einkommensverhältnissen eingegangen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden findet nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Beschwerde an das Landessozialgericht statt. Sie ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 173 Satz 1 1. Halbs. SGG). Beteiligte können sich nach § 73 SGG in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen (Absatz 1 S. 1); die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen und zu den Akten bis zur Verkündung der Entscheidung einzureichen (Absatz 2 1. Halbs.).

Im vorliegenden Fall ist die Beschwerde zwar innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden. Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers hat jedoch keine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Damit war die Beschwerdeeinlegung schwebend unwirksam (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ≪GmSOGB, Beschluss vom 17. April 1984 - Az.: GmS-OGB 2/83 in BGHZ 91, 111 ff.; Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteil vom 21. Juni 2001 - Az.: B 13 RJ 5/01 R, nach juris).

Die im Hauptsacheverfahren (Az.: S 2 AL 1421/02) erteilte Vollmacht bezog sich ausdrücklich auf den “Widerspruch Bescheid 09.10.2002, Klage SG NDH„ (= Nordhausen) und gilt im vorliegenden Verfahren nicht mehr (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Mai ...

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