Das Wichtigste in Kürze:

1. Ein anwaltsgerichtliches/berufsrechtliches Verfahren wird eingeleitet, wenn ein Rechtsanwalt schuldhaft gegen Pflichten verstößt, die sich aus der BRAO und der BORA ergeben.
2. Zuständig im berufsrechtlichen Verfahren ist ggf.: Erstinstanzlich das AnwG, die Berufung ist dann zum AnwGH sowie die Revision zum BGH in Anwaltssachen möglich.
3. Die BRAO sieht verschiedene berufsrechtliche Verfahren vor, Das sind das Verfahren auf Widerruf der Zulassung, das Rügeverfahren gem. §§ 74, 74a BRAO und das anwaltsgerichtliches Verfahren gem. §§ 116 BRAO ff.
4. Gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BRAO ist die Zulassung u.a. zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Folge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat.
5. Gem. § 74 BRAO kann der Vorstand das Verhalten eines Rechtsanwaltes rügen, wenn er die Schuld des Anwalts für gering erachtet und ein Antrag auf Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint.
6. Das anwaltsgerichtliche Verfahren kann in die Phasen Ermittlungs-, Zwischen-, Haupt-, Rechtsmittel- und Vollstreckungsverfahren eingeteilt werden (§§ 116 ff. BRAO).
 

Rdn 954

 

Literaturhinweise:

Deckenbrock, Ungelöste Fragen in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen Auswirkungen des 2009 geänderten Verfahrensrechts – ein Appell an den Gesetzgeber zur Überprüfung, AnwBl. 2015, 365

Geiersberger, Status quo und Zukunft der Anwaltsgerichtsbarkeit – wie viel Reform muss sein? Vier Vorschläge für Verbesserungen und ein Veto gegen eine Neu-Ausrichtung?, AnwBl. 2015, 427

Kilian, Die Anwaltsgerichtsbarkeit: eine Standortbestimmung – historisch und vergleichend Wachsende Kritik: Kollegen richten über Kollegen – Doch welcher Reformbedarf besteht wirklich?, AnwBl. 2015, 278

Koenen, Die Anwaltsgerichte als staatliche Gerichte mit Bezug zur Selbstverwaltung Erfahrungsbericht eines geschäftsleitenden Vorsitzenden des Anwaltsgerichts Köln, AnwBl. 2015, 302

s.a. die Hinw. bei → Rechtsanwälte, Strafrecht, Allgemeines, Teil H Rdn 949.

 

Rdn 955

1. Ein anwaltsgerichtliches/berufsrechtliches Verfahren wird eingeleitet, wenn ein Rechtsanwaltschuldhaft gegen Pflichten verstößt, die sich aus der BRAO und der BORA ergeben(zur Pflichtverletzung → Rechtsanwälte, Strafrecht, Hauptverfahren, Prozessuales und Materielles, Teil H Rdn 996). Der Maßnahmenkatalog reicht von der Warnung (mildestes Mittel) bis zur Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 BRAO; zu den Sanktionen → Rechtsanwälte, Strafrecht, Hauptverfahren, Prozessuales und Materielles, Teil H Rdn 996).

 

Rdn 956

Das anwaltsgerichtliche Verfahren ist in letzter Zeit in der Diskussion. Angestoßen wurde diese von Joachim Wagner, der mit seinem Recherchebuch "Vorsicht Rechtsanwalt" für Furore sorgte. Auch die Ausgaben des AnwBl. April und Mai 2015 (vgl. oben die Lit.-Nachw.) befassen sich ausführlich mit dem Thema. Insbesondere wird gerügt, dass es nur die Berufsöffentlichkeit gibt, dass die Mandanten, die eventuell durch ihre Beschwerde ein Verfahren in Gang bringen, nicht inhaltlich über den Ausgang informiert werden, dass es schwerfällig sei und nicht mehr sachgemäß ist sowie dass in der I. Instanz nur Rechtsanwälte als Richter fungieren.

 

Rdn 957

2. Vorgesehen sind in den berufsrechtlichen Verfahren folgende Spruchkörper:

Ggf. erstinstanzlich das AnwG, die Berufung ist dann zum AnwGH sowie die Revision zum BGH in Anwaltssachen möglich.
Die Anwaltsgerichte (s. §§ 92 ff. BRAO, pro RAK eins) sind besetzt mit drei Richtern, die alle Rechtsanwälte sind. Die AnwGH (s. §§ 100 BRAO, jeweils bei den OLG) sind besetzt mit drei Rechtsanwälten (u.a. der Vorsitzende) als Richtern und zwei Berufsrichtern. Beim BGH ist der Senat in Anwaltssachen(s. §§ 106 BRAO) besetzt mit dem Präsidenten des BGH als Vorsitzendem, zwei BGH- und zwei Anwälten als Richtern.
 

Rdn 958

3.a) Die BRAO sieht verschiedene berufsrechtliche Verfahren vor, Das sind das

Verfahren auf Widerruf der Zulassung,
Rügeverfahren gem. §§ 74, 74a BRAO (Rdn 967 ff.),
Anwaltsgerichtliches Verfahren gem. §§ 116 BRAO ff.
 

Rdn 959

b) Über die Zulassung zur Anwaltschaft bzw. über die Rücknahme/den Widerruf der Zulassung entscheidet die jeweils zuständige RAK. Gegen deren Entscheidung der Rechtsweg zum AnwGH (I. Instanz) und die Berufung zum Anwaltssenat des BGH (II. und letzte Instanz) möglich. Versagungsgründe sind in § 7 BRAO, Rücknahme und Widerruf der Zulassung in § 14 BRAO und der Rechtsweg und die Zuständigkeit in § 112a BRAO geregelt.

 

Rdn 960

Gem. § 7 Nr. 5 BRAO ist dem Bewerber die Zulassung zu versagen, wenn er sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwaltes auszuüben. Die Unwürdigkeit kann sich nicht nur aus strafbarem Verhalten sondern auch aus unehrenhaftem bzw. unsittlichem Lebenswandel ergeben. Längeres Wohlverhalten ist positiv zu berücksichtigen. Auch Tilgungsfristen des BZRG zählen dazu.

 

Rdn 961

c) Gem. § 74 BRAO kann der Vorstand der RAK das Verhalten eines Anwaltes, d...

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