Das Wichtigste in Kürze:

1. § 145a StGB soll sicherstellen, dass bestimmte Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht befolgt werden.
2. Der objektive Tatbestand verlangt, dass der Verurteilte während der Führungsaufsicht gegen eine qualifizierte Weisung der in § 68b Abs. 1 StGB bezeichneten Art verstößt und dadurch den Zweck der Maßregel gefährdet.
3. Eine Strafbarkeit nach § 145a StGB setzt nicht voraus, dass gem. § 268a Abs. 3 S. 2 StPO die Weisung mit der Belehrung über die Strafbewehrung versehen wurde.
4. Der subjektive Tatbestand erfordert vorsätzliches Handeln; bedingter Vorsatz reicht aus.
5. § 145a StGB ist ein Sonderdelikt; nur die unter Führungsaufsicht stehende Person, der die nichtbefolgte Weisung erteilt worden ist, kann Täter sein.
6. Orientierungsmaßstab bei der Strafbemessung ist die Schwere des Verstoßes gegen die Weisung sowie das Maß der hierdurch für den Maßregelzweck verursachten Gefahr.
7. Für die Verfolgung der Tat ist ein Strafantrag der Aufsichtsstelle (§ 68a StGB) erforderlich.
8. Verstöße gegen mehrere voneinander verschiedene Weisungen stellen konkurrenzrechtlich grundsätzlich jeweils eigenständige Taten dar.
 

Rdn 578

 

Literaturhinweise:

Baur/Groß, Die Führungsaufsicht, JuS 2010, 404

Groth, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Pönalisierung während der Führungsaufsicht begangener Weisungsverstöße, NJW 1979, 743

Herrmann, Die Führungsaufsicht, StRR 2013, 408

Pollähne, Bestimmte Voraussetzungen der Strafbarkeit von Weisungsverstößen (§ 145a StGB), StV 2014, 161

s.a. die Hinw. bei → Führungsaufsicht, Allgemeines, Teil B Rdn 482 und bei → Führungsaufsicht, Weisungen, Teil B Rdn 632.

 

Rdn 579

1. Zweck des Straftatbestandes nach § 145a StGB ist, sicherzustellen, dass bestimmte Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht befolgt werden (vgl. OLG Hamburg NJW 1985, 1232, 1233; Groth NJW 1979, 743). Ohne eine Strafsanktion für Verstöße gegen Weisungen würde die Führungsaufsicht entwertet, weil der Täter sie nicht ernst nähme (so Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 145a Rn 1). Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass bereits die Gefährdung des Maßregelzwecks eine Gefahr für Rechtsgüter Dritter darstelle und insoweit ein Strafbedürfnis begründe (so SSW-StGB/Jeßberger, § 145a Rn 3; vgl. ferner OLG Hamburg NJW 1985, 1232, 1233). Da die Norm insoweit tatbestandlich eine Gefährdung des Maßregelzwecks voraussetzt, stellt sie ein konkretes Gefährdungsdelikt dar (h.M.; Fischer, § 145a Rn 2; SSW-StGB/Jeßberger, § 145a Rn 2; a.A. SK-StGB/Wolters, § 145a Rn 2 f.). Ihre genaueren Konturen erhält die Vorschrift erst aufgrund der Weisung, die das Gericht einem Verurteilten gem. § 68b Abs. 1 StGB erteilt hat; § 145a StGB erweist sich demzufolge als eine Blankettvorschrift (vgl. BGHSt 58, 72, 75 m. Anm. Deutscher StRR 2013, 149; OLG Dresden StV 2010, 642; NStZ-RR 2008, 27, 28; 2008, 326, 327; Beschl. v. 10.9.2014 – 23 Ss 557/14; OLG Frankfurt NStZ-RR 2009, 27, 28; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 145a Rn 3; Fischer, § 145a Rn 6; MüKo-StGB/Groß, § 145a Rn 4; Groth NJW 1979, 743, 748; Pollähne StV 2014, 161, 162).

 

Rdn 580

2. Der objektive Tatbestand verlangt, dass der Verurteilte während der Führungsaufsicht gegen eine qualifizierte Weisung der in § 68b Abs. 1 StGB bezeichneten Art verstößt und dadurch den Zweck der Maßregel gefährdet.

 

Rdn 581

a) Der Verstoß muss sich gegen eine bestimmte Weisung richten (siehe dazu → Führungsaufsicht, Weisungen, Teil B Rdn 632), die das Gericht gem. § 68b Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 12 StGB erteilt hat. Verstöße gegen Weisungen nach § 68b Abs. 2 StGB unterliegen nicht der Strafbewehrung (OLG München NStZ 2010, 218, 219; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 145a Rn 5; Fischer, § 145a Rn 5; SSW-StGB/Jeßberger, § 145a Rn 5; SK-StGB/Wolters, § 145a Rn 7; Herrmann StRR 2013, 408). Die betreffende Weisung muss wirksam ausgesprochen und noch gültig sein. Sie müssen in Ansehung des Bestimmtheitsgebots nach Art. 103 Abs. 2 GG zudem inhaltlich eindeutig gefasst und genauso umrissen sein wie der Tatbestand einer Strafnorm (vgl. BGHSt 58, 72, 74; 58, 136, 138 m. Anm. Deutscher StRR 2013, 268; KG JR 1987, 124; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 145a Rn 5; Lackner/Kühl, § 145a Rn 2; Fischer, § 145a Rn 6). Der Betroffene muss exakt wissen und nicht erst aus dem Weisungszweck herleiten, was er zu tun und zu lassen hat, um abschätzen zu können, wann er die Verbotsgrenzen überschreitet (BGHSt 58, 136, 138; OLG München NStZ 2010, 218, 219; SK-StGB/Wolters, § 145a Rn 8; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 145a Rn 5; Lackner/Kühl, § 145a Rn 2). Weisungen, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, sind schon nicht geeignet, den objektiven Tatbestand des § 145a StGB in der erforderlichen Weise auszufüllen (KG JR 1987, 124; OLG München NStZ 2010, 218, 219; Fischer, § 145a Rn 6). So reicht es aufgrund der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse nicht aus, dass die Weisung nur den Gesetzeswortlaut des § 68b StGB wiedergibt, ohne sie individuell auf das jeweilige Verhalten und Lebensumstände d...

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