Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    In einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht muss inhaltlich und dem Umfang nach genau festgehalten sein, was der Verurteilte zu tun oder zu lassen hat. Es genügt nicht, dass er das geforderte Verhalten erst aus dem Weisungszweck herleiten oder bei gutem Willen noch erkennen kann, was das Gericht von ihm verlangen will.

  • 2.

    Verstöße gegen nicht ausreichend bestimmte Weisungen oder solche, die nicht unter § 68b Abs. 1 Nr. 1-11, sondern allenfalls unter § 68b Abs. 2 StGB fallen, erfüllen bereits den objektiven Tatbestand des § 145a StGB nicht.

 

Tatbestand

I.

Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht am 8. September 2008 wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, da er eine angeordnete Therapie nicht angetreten habe.

Dem liegt eine Verurteilung des Angeklagten vom 23. März 2006 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Vergewaltigung sachlich zusammentreffend mit sexueller Nötigung sachlich zusammentreffend mit vorsätzlicher Körperverletzung zugrunde. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts entschied mit Beschluss vom 23. Januar 2008, die nach vollständiger Verbüßung dieser Strafe am 29. März 2008 kraft Gesetzes beginnende Führungsaufsicht nicht entfallen zu lassen und ihre Höchstdauer von fünf Jahren nicht abzukürzen. Darüber hinaus erteilte das Landgericht dem Angeklagten Weisungen, die vom Oberlandesgericht auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 7. März 2008 wie folgt ergänzt wurden:

Der Verurteilte wird außerdem angewiesen,

...

f)

sich einer psychotherapeutischen Behandlung zur Bearbeitung seiner Sexualproblematik zu unterziehen

g)

und zu diesem Zweck binnen 4 Wochen nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug den Namen des in Abstimmung mit dem zuständigen Bewährungshelfer beauftragten Psychotherapeuten der Strafvollstreckungskammer Traunstein mitzuteilen, damit die Strafvollstreckungskammer in weiterer Abstimmung mit dem Psychotherapeuten die Zeit und die Dauer der ambulanten Behandlung ausgestalten kann.

Die gegen die Verurteilung vom 8. September 2008 vom Angeklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht mit Urteil vom 15. Dezember 2008 verworfen und die Begründung abweichend vom Amtsgericht darauf gestützt, der Angeklagte habe gegen die Weisung verstoßen, sich binnen vier Wochen nach seiner Entlassung bei einem Psychotherapeuten vorzustellen. Auf die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft wurde der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Revision ist begründet, da das Recht auf den im Urteil festgestellten Sachverhalt unrichtig angewendet worden ist. Der rechtsfehlerfrei festgestellte Sachverhalt rechtfertigt die Annahme eines Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß § 145a StGB nicht, da es an einer bestimmten Weisung im Sinne des § 145a StGB i.V.m. § 68b Abs. 1 Nr. 1-11 StGB fehlt.

Das angefochtene Urteil war daher gemäß § 353 Abs.1 StPO aufzuheben. Da ausgeschlossen werden kann, dass in einer erneuten Verhandlung neue bzw. ergänzende tatsächliche Feststellungen getroffen werden können, ist der Senat in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden ( § 354 Abs. 1 StPO, § 349 Abs. 4 StPO). Der Angeklagte ist freizusprechen.

B.

Aufgrund der Sachrüge prüft das Revisionsgericht - und zwar ausschließlich anhand der Urteilsurkunde - ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet wurde und die Urteilsfeststellungen eine tragfähige Grundlage für diese Prüfung bieten (Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 337 Rn. 21).

1.

Der objektive Tatbestand des § 145a StGB setzt voraus, dass der Verurteilte während der Zeit, in der er unter Führungsaufsicht steht, gegen eine bestimmte Weisung im Sinne des § 68b Abs. 1 StGB verstößt und dadurch den Zweck der Maßregel gefährdet.

Nach § 68b Abs. 1 Satz 2 StGB hat das Gericht in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. In der Weisung muss inhaltlich und dem Umfang nach genau festgehalten sein, was der Verurteilte zu tun oder zu lassen hat. Es genügt nicht, dass er das geforderte Verhalten erst aus dem Weisungszweck herleiten kann oder bei gutem Willen noch erkennen kann, was das Gericht von ihm verlangen will (Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 145a Rn. 5; Wolters/Horn in SK-StGB § 145a Rn. 8, MünchKommStGB/Groß § 145a Rn. 9).

2.

Diesen Anforderungen genügt die Weisung an den Angeklagten, binnen vier Wochen nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug den Namen des in Abstimmung mit dem Bewährungshelfer beauftragten Psychotherapeuten mitzuteilen, nicht.

a)

§ 68b Abs. 1 Nr. 11 StGB sieht die Möglichkeit des Gerichts vor, den Angeklagten anzuweisen, sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einem Arzt, einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulan...

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