Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Führungsaufsicht stellt eine Maßregel zur Besserung und Sicherung dar. Obwohl sie verfassungsrechtlich unbedenklich ist, war und ist ihre Ausgestaltung sowie praktische Wirksamkeit umstritten.
2. Der Führungsaufsicht kommt eine Doppelfunktion zu: Sie soll Tätern mit einer vielfach schlechten Sozialprognose einerseits eine Resozialisierungshilfe bieten, andererseits aber die Allgemeinheit vor deren erneuten Straffälligkeit schützen.
3. Im Unterschied zu den Bewährungsfällen nach § 56 StGB ist gem. § 68a StGB nicht nur die Bestellung eines Bewährungshelfers, sondern auch die Einschaltung einer Führungsaufsichtsstelle zwingend.
 

Rdn 483

 

Literaturhinweise:

Baur/Groß, Die Führungsaufsicht, JuS 2010, 404

Beukelmann, Elektronische Fußfessel, NJW-Spezial 2011, 632

Brauneisen, Die elektronische Überwachung des Aufenthaltsortes als neues Instrument der Führungsaufsicht, StV 2011, 311

Fiebrandt, Führungsaufsicht kraft Gesetzes nach vollständiger Verbüßung von Jugendstrafe, ZJJ 2008, 278

Groth, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Pönalisierung während der Führungsaufsicht begangener Weisungsverstöße, NJW 1979, 743

Herrmann, Die Führungsaufsicht, StRR 2013, 408

Maier, Zur Mindestdauer der Führungsaufsicht, NJW 1977, 371

Mainz, Vollstreckungsverjährung bei Führungsaufsicht, NStZ 1989, 61

Nißl, Die Führungsaufsicht 20 Jahre in der Kritik – hier eine Laudatio, NStZ 1995, 525

Peglau, Das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung, NJW 2007, 1558

Pollähne, Bestimmte Voraussetzungen der Strafbarkeit von Weisungsverstößen (§ 145a StGB), StV 2014, 161

ders., Führungsaufsicht nach Vollverbüßung einer Jugendstrafe?, ZJJ 2008, 4

Schmitz, Gnadenbringende Weihnachtszeit … auch für sog. "Vollverbüßer"!, StV 2007, 608

Schneider, Die Reform der Führungsaufsicht, NStZ 2007, 441

Schöch, Bewährungshilfe und Führungsaufsicht in der Strafrechtspflege, NStZ 1992, 364

Schüddekopf, Zum Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht vom 13.4.2007 (BGBl I, 513 ff.), StraFo 2008, 141

Seifert/Möller-Mussavi, Führungsaufsicht und Bewährungshilfe – Erfüllung gesetzlicher Aufgaben oder elementarer Bestandteil forensischer Nachsorge?, NStZ 2006, 131

Simons, Unterschreitung der Mindestdauer der Führungsaufsicht, NJW 1978, 984

Sommerfeld, Führungsaufsicht nach vollständiger Vollstreckung einer Einheitsjugendstrafe – Zugleich eine Besprechung von BVerfG, Beschl. v. 26.2.2008 – 2 BvR 2143/07 –, NStZ 2009, 247

Weigelt, Was kann eine reformierte Führungsaufsicht leisten?, ZRP 2006, 253

Wolf, Reform der Führungsaufsicht, Rpfleger 2007, 293

s.a. die Hinw. bei den nachstehenden weiterführenden Stichwörtern.

 

Rdn 484

1. Das Institut der Führungsaufsicht ist entstehungsgeschichtlich (zur Entstehungsgeschichte s.a. MüKo-StGB/Groß, Vor §§ 68 ff. Rn 4) als Maßregel der Besserung und Sicherung durch das 2. Strafrechtsreformgesetz vom 4.7.1969 (BGBl I 1969, S. 717) in das Strafgesetzbuch eingefügt worden; in Kraft trat sie indes erst im Jahr 1975. Sie ersetzte die bis dahin im Strafgesetzbuch enthaltene Polizeiaufsicht, die aber mit dieser nicht vergleichbar ist (vgl. SSW-StGB/Jehle, Vor § 68 Rn 1; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 68 Rn 1).

 

Rdn 485

Die Führungsaufsicht sollte auf die Wiedereingliederung von Entlassenen aus dem Straf- und Maßregelvollzug abzielen. Die Führungsaufsicht ist zwar keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (BVerfGE 55, 28, 29 = NStZ 1981, 21). Gleichwohl waren von Beginn an Sinn und Zweck sowie die Organisation dieses Instituts umstritten (eingehend zur rechtspolitischen Diskussion MüKo-StGB/Groß, Vor §§ 68 ff. Rn 5; Groth NJW 1979, 743 ff.; Nißl NStZ 1995, 525 ff.; Schöch NStZ 1992, 364 ff.; Weigelt ZRP 2006, 253 ff.). Insbesondere in der Literatur wurde im Hinblick auf die zahlenmäßig größte Gruppe der nach Vollverbüßung aus dem Vollzug Entlassenen angesichts deren mangelnden Kooperation der praktische Nutzen der Führungsaufsicht in Frage gestellt oder gar gänzlich verneint (vgl. SSW-StGB/Jehle, Vor § 68 Rn 1), zumal die Bewährungshelfer derart überlastet seien, dass eine ausreichende Betreuung gerade dieses Probandenkreises nicht gewährleistet sei (SK-StGB/Sinn, § 68 Rn 5 m.w.N.). Zudem wurde bemängelt, dass an der Durchführung der Führungsaufsicht zu viele Institutionen beteiligt seien, was komplizierte Abstimmungsverfahren nach sich ziehe (zur Kritik siehe auch Schöch NStZ 1992, 364, 371).

 

Rdn 486

Trotz dieser monierten Unzulänglichkeiten ist das Recht der Führungsaufsicht erst durch das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht vom 13.4.2007 (BGBl I 2007, S. 513) umfassend überarbeitet worden (eingehend hierzu Peglau NJW 2007, 1558 ff.; Schneider NStZ 2007, 441 ff.; Schüddekopf StraFo 2008, 141 ff.; Wolf Rpfleger 2007, 293 ff.). Mit der Novellierung der Regelungen zur Führungsaufsicht sollte eine "effizientere praktische Handhabung" der Maßregel ermöglicht und zugleich ein "Kriseninterventionsinstrumentarium" geschaffen werden, mit dessen Hilfe kri...

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