Rdn 1918

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Allgemeines, Teil A Rdn 1846.

 

Rdn 1919

1. Auch bei Ersatzzustellung in Gemeinschaftseinrichtungen muss feststehen, dass der Zustellungsadressat dort tatsächlich wohnt (OLG Köln NStZ-RR 2008, 379). Danach ist zunächst die persönliche Zustellung zu versuchen (LG München I InfAuslR 2005, 150).

 

Rdn 1920

Zu den Gemeinschaftseinrichtungen zählen:

Altenheime,
Asylbewerberheime,
Justizvollzugsanstalten (vgl. Rdn 1922),
Kasernen,
Krankenhäuser,
Pflegeeinrichtungen,
Therapieeinrichtungen (vgl. Rdn 1924),
Wohnheime usw.
 

Rdn 1921

2. Der Zustellungsversuch ist auf die frei zugänglichen Bereiche der Einrichtung beschränkt. Der Zusteller ist nicht verpflichtet, den Adressaten in dessen Wohnraum aufzusuchen (OLG Nürnberg NStZ-RR 2010, 286). Ist die persönliche Zustellung auf diese Weise nicht ausführbar, erfolgt sie an den Leiter der Einrichtung oder einen hierzu bevollmächtigten Mitarbeiter. Dies ist in einem Krankenhaus der ärztliche Direktor und der Leiter der Verwaltung sowie deren Vertreter und Bevollmächtigte (KG, Beschl. v. 2.11.2001 – 5 Ws 653/01). Die Einrichtung führt ein Übergabebuch, in dem wichtige Vorkommnisse und Informationen schriftlich festzuhalten sind.

 

☆ Anders als in den Fällen der Wohnungszustellung ist eine Ersatzzustellung an Mitbewohner des Zustellungsadressaten unwirksam (OLG Bremen StV 2005, 541 [Ls.]). Unwirksam ist die Zustellung auch, wenn sie an Krankenhausbedienstete erfolgt (KG, Beschl. v. 30.11.2001 – 5 Ws 749/01).Mitbewohner des Zustellungsadressaten unwirksam (OLG Bremen StV 2005, 541 [Ls.]). Unwirksam ist die Zustellung auch, wenn sie an Krankenhausbedienstete erfolgt (KG, Beschl. v. 30.11.2001 – 5 Ws 749/01).

 

Rdn 1922

3. Bei der Zustellung an Gefangene kann mangels der in § 178 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO vorgesehenen Orte die Ersatzzustellung ausschließlich in der Gemeinschaftseinrichtung (§ 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) vorgenommen werden. Da eine persönliche Übergabe durch den (Post-)Zusteller ausscheidet, weil die Zellen in einer JVA nicht frei zugänglich sind, kommt nur der Anstaltsleiter oder sein hierzu bevollmächtigter Vertreter als Empfangsbefugter in Betracht (Meyer-Goßner/Schmitt § 37 Rn 24). Mit dem dortigen Eingang ist die Zustellung wirksam vollzogen, ohne dass es auf den Zeitpunkt ankäme, in dem das zugestellte Schriftstück dem Gefangenen ausgehändigt worden ist und er die Möglichkeit der Kenntnisnahme von dessen Inhalt hatte (OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.4.2012 – 13 U 47/12).

 

Rdn 1923

Bereits das Gericht kann (muss) hier einer eklatanten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch vorbeugen, dass es bei der Bewirkung der Zustellung (§§ 36 Abs. 1 S. 2 StPO, 168 Abs. 1 S. 2 ZPO) mit dieser einen Gerichtswachtmeister (§ 176 Abs. 1 ZPO) beauftragt. Als solcher fungiert dann ein Justizvollzugsbediensteter, der dem Gefangenen das zuzustellende Schriftstück persönlich übergibt (BayObLG VersR 1985, 741; LG Saarbrücken StV 2004, 362), dies beurkundet und das Schriftstück dann auf Verlangen vorliest (§ 35 Abs. 3). Die Justizverwaltungen der Länder berücksichtigen dies größtenteils (vgl. die in den Justizportalen und -datenbanken der Länder abrufbaren Verwaltungsvorschriften). Die z.B. für Bayern geltende Verwaltungsanweisung (http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?showdoccase=1&doc.id=VVBY-VVBY000003547&doc.part=X&st=vv) lautet: "Gefangenen und Untergebrachten soll in Justizvollzugsanstalten nicht durch die Post zugestellt werden, sondern durch einen Bediensteten der Anstalt. Das Zustellungsersuchen ist unter Verwendung des festgestellten Vordrucks oder eines inhaltlich entsprechenden EDV-Ausdrucks an die Justizvollzugsanstalt zu richten; das zuzustellende Schriftstück ist in einem verschlossenen Umschlag beizufügen. Ein Abdruck des zuzustellenden Schriftstücks ist für die Justizvollzugsanstalt beizufügen."

 

☆ Erfolgte die Ersatzzustellung gleichwohl gem. § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO muss der Verteidiger bei dem Gericht, dessen Entscheidung zugestellt wurde, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (→  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Allgemeines , Teil B Rdn  1479 ) stellen.Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Allgemeines, Teil B Rdn 1479) stellen.

 

Rdn 1924

4.a) Bei einer stationären Therapie wohnt der Proband in der Einrichtung, sodass die Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt.

 

Rdn 1925

b) Ist er bei einer Suchtberatungsstelle in ambulanter Behandlung, kann er diese ggf. wie folgt zur Empfangnahme der Post bevollmächtigen:

Zitat

"Hiermit bescheinige ich … geb. am …, dass meine Post an die Suchthilfe A., Kontakt-Café, K.platz 15, geschickt werden soll. Ich erkläre mich hiermit bereit, werktäglich im Kontakt-Café der Suchthilfe A. nach eingegangener Post für mich zu fragen."

 

Rdn 1926

Dann ist an den/die Bevollmächtigten, also die in der Einrichtung tätigen Personen, die im Weg...

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