Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Erklärung eines Rechtsmittels zu Protokoll der Geschäftsstelle stellt eine Alternative zur einfach-schriftlichen Einlegung dar.
2. Derjenige, der eine Erklärung zu Protokoll abgeben will, muss sich an zuständige Geschäftsstelle wenden.
3. Die Zuständigkeit des Rechtspflegers ergibt sich aus § 24 RPflG.
4. Die Pflichten im Zusammenhang mit der Protokollierung von Erklärungen durch die Geschäftsstelle regelt Nr. 150 RiStBV.
5. Bei Nichtbeachtung ist (ggf. von Amts wegen) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
6. Nicht selten versucht der UdG, den mit der Aufnahme der Erklärung verbundenen Arbeits- und Zeitaufwand zu umgehen.
7. Weigert sich der UdG, die Erklärung zu Protokoll zu nehmen, ist eine (Untätigkeits-)Beschwerde ausgeschlossen. Bezüglich der Anfechtungsmöglichkeit besteht Uneinigkeit.
 

Rdn 1518

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Allgemeines, Teil A Rdn 1509.

 

Rdn 1519

1. Die Erklärung eines Rechtsmittels zu Protokoll der Geschäftsstelle stellt eine Alternative zur einfach-schriftlichen Einlegung dar, soweit diese – wie bei Einlegung der Berufung (§ 314 Abs. 1) – auch durch den Erklärungsverfasser selbst schriftlich erfolgen könnte. In den Fällen, in denen ein Rechtsanwalt die von ihm verfasste Erklärung unterzeichnen muss, wie z.B. bei der Revisionsbegründung (s.a. → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, schriftlich, Teil A Rdn 1534 ff.), bleibt dem anwaltlich nicht vertretenen Erklärungsverfasser von vornherein nur der Weg zur Geschäftsstelle, und zwar desjenigen Gerichts, dessen Entscheidung angefochten werden soll, nicht dagegen zu Protokoll irgendeines deutschen Gerichts (OLG Brandenburg NStZ 2010, 413), wenn er die Erklärung selbst abgeben will.

 

☆ Zur Abgabe der Erklärung muss der potenzielle Rechtsmittelführer oder sein bevollmächtigter Vertreter in der Geschäftsstelle persönlich erscheinen ; eine telefonische Erklärung reicht nicht aus ( Meyer-Goßner/Schmitt , Einl. Rn 140; a.A. LG Münster NJW 2005, 166 zur telefonischen Einlegung der Berufung).Geschäftsstelle persönlich erscheinen; eine telefonische Erklärung reicht nicht aus (Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn 140; a.A. LG Münster NJW 2005, 166 zur telefonischen Einlegung der Berufung).

Die Einlegung eines Rechtsmittels zu Protokoll der HV ist rechtlich zwar möglich (BGHSt 31, 109 m. Anm. Fezer JR 1983, 383; BayObLG StV 1994, 186), setzt aber voraus, dass das Gericht dies zulässt, da es sich gerade nicht um ein Protokoll "der Geschäftsstelle" handelt (KG, Beschl. v. 18.9.2001 – 2 Ss 208/01), sondern um ein solches des Gerichts, für das nicht der UdG, sondern der Vorsitzende des Gerichts die Verantwortung trägt (§ 271 Abs. 1).

 

Rdn 1520

2. Die Geschäftsstelle ist ein Institut des Gerichtsverfassungsrechts (vgl. § 153 Abs. 1 GVG). Sie besteht aus Urkundsbeamten (UdG), die entweder einem bestimmten Gericht/Spruchkörper zugeordnet sind oder eine bestimmte Funktion (z.B. Rechtsantragstelle) ausüben. An die zuständige Geschäftsstelle muss sich derjenige (ggf. nach Erfragen) wenden, wenn er eine Erklärung zu Protokoll abgeben will (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn 134).

 

Rdn 1521

 

Beispiel:

Der Angeklagte wurde vom Amtsrichter verurteilt. Darüber ist er so erbost, dass er noch im Gerichtssaal zu Protokoll Berufung einlegen will. Dies wird ihm verweigert.

 

Rdn 1522

3. Korrespondierend mit dem gesetzlich vorgesehenen Unterzeichnungserfordernis (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Schriftlich, Teil A Rdn 1534 ff.), darüber hinausgehend bei weiteren Beschwerden, weist § 24 RPflG die Aufnahme von folgenden Erklärungen der Zuständigkeit des Rechtspflegers zu (vgl. a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.2.2016 – 1 Ss 6/16):

 

(1) Folgende Geschäfte der Geschäftsstelle werden dem Rechtspfleger übertragen:

1.

die Aufnahme von Erklärungen über die Einlegung und Begründung

a) der Rechtsbeschwerde und der weiteren Beschwerde,
b) der Revision in Strafsachen;
2. die Aufnahme eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 366 Abs. 2 der Strafprozeßordnung, § 85 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).
 

☆ Nimmt ein nicht zuständiger Geschäftsstellenbeamter von einem erkennbar rechtsunkundigen Betroffenen nicht nur den Antrag auf Zulassung der Revision/Rechtsbeschwerde sondern auch schon dessen nach § 345 Abs. 2 formbedürftige Begründung zu Protokoll auf, führt dies zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (OLG Köln Rpfleger 2006, 222; OLG Schleswig SchlHA 2002, 172), ggf. ist Wiedereinsetzung von Amts wegen zu gewähren (OLG Dresden, Beschl. v. 10.7.2015 – 2 OLG 23 Ss 401/15; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.2.2016 – 1 Ss 6/16).nicht zuständiger Geschäftsstellenbeamter von einem erkennbar rechtsunkundigen Betroffenen nicht nur den Antrag auf Zulassung der Revision/Rechtsbeschwerde sondern auch schon dessen nach § 345 Abs. 2 formbedürftige Begründung zu Protokoll auf, führt dies zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (OLG Köln Rpfleger 2006, 222; OLG Schleswig SchlHA 2002, 172), ggf. ist Wiedereinsetzung von Amt...

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