Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Beschränkung der Berufung ist in § 318 geregelt.
2. Die Möglichkeit, ein Urteil nur in beschränktem Umfang anzufechten, entspringt der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelführers.
3. Die Wirksamkeit der Beschränkung setzt voraus, dass die Beschwerdepunkte von den nicht angefochtenen Urteilsteilen isoliert überprüft werden können (Trennbarkeitsformel).
4. Eine Beschränkung ist möglich auf die Anfechtung der Verurteilung wegen einer von mehreren Taten.
5. I.d.R. kann der Rechtsfolgenausspruch des Urteils isoliert angefochten werden.
6. Auch innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs kann die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden.
 

Rdn 228

 

Literaturhinweise:

Altmann, Die Teilanfechtung von Urteilen im Strafprozess, JuS 2008, 790

Burhoff, Verfahrenstipps und Hinweise für Strafverteidiger zu neuerer Rechtsprechung in Strafsachen, ZAP F. 22 R, S. 49

Cierniak, Verschlechterungsverbot bei einer unbeschränkten Berufung des Angeklagten und bei einem auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft?, NStZ 2001, 399

Geppert, Anm. zu BGHSt 47, 32, JR 2002, 114

Gössel, Über die mit der horizontalen Teilrechtskraft verbundene Bindungswirkung bei Teilanfechtung und Teilaufhebung in: Festschrift für Peter Rieß, 2002, S. 114

Hettinger, Ist eine horizontale Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß möglich und kann auch § 21 StGB ihr Gegenstand sein?, JZ 1987, 386

Loos, Anm. zu BayObLG StV 1995, 181, JR 1996, 80

Maul, Anm. zu BayObLG NZV 2001, 353, PVR 2002, 114

ders., Anm. zu OLG Hamm PVR 2001, 219

Milzer, Die Beschränkbarkeit der Berufungshauptverhandlung in Strafsachen auf die Frage der rechtlichen Würdigung, NStZ 1993, 69

Nobis, Der Streit um die Einschränkung der Berufung … und täglich grüßt das Murmeltier! in: Strafverteidigung im Rechtsstaat, 25 Jahre Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltsvereins, 2009, S. 699

Scharf/Kropp, Strafverfahrensbeschleunigung durch Rechtsmittelbeschränkung?, NJ 2002, 73

Tolksdorf, Die unterbliebene Unterbringung gemäß § 64 StGB und ihre Überprüfung im Revisionsverfahren in: Festschrift für Walter Stree und Johannes Wessels zum 70. Geburtstag, 1993, S. 754

Wankel, Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsbeschränkung in der StPO, JA 1998, 65

Werkmüller, Einschränkungsmöglichkeiten von Rechtsmitteln im Strafprozess, JA 2000, 55.

 

Rdn 229

1. § 318 ist Ausdruck der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelführers (OLG Hamburg NStZ-RR 2006, 18; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Befugnis, Teil A Rdn 1323 ff.). Daneben dient die Möglichkeit der Beschränkung zugleich der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung (KMR/Brunner, § 318 Rn 2).

 

☆ Da das Ergebnis des amtsgerichtlichen Urteils nicht dem ins Auge gefassten Verteidigungsziel entsprochen hat, muss der Verteidiger in einem

ersten Schritt die diesbezügliche Divergenz herauszuarbeiten.
In zweiter Linie ist zu entscheiden, ob das Verteidigungsziel eher mit der Berufung oder eher mit der Revision erreicht werden kann (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Wahlmöglichkeit, Teil A Rdn 1836 ff.).
Erst an dritter Stelle, wenn sich die Berufung als das zutreffende Rechtsmittel erweist, kann – und muss – die Frage erörtert werden, ob das Rechtsmittel umfassend oder beschränkt durchgeführt werden soll.
 

Rdn 230

2. Eingeschränkt ist die Anfechtungsmöglichkeit durch Verfahrenspraxis und Sachlogik nach der sog. Trennbarkeitsformel, die eine Beschränkung der Anfechtung (→ Berufung, Beschränkung, Beschränkbarkeit, Teil A Rdn 239) nur zulässt, wenn sie sich auf Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbstständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen. Daneben ist das Erfordernis der Widerspruchsfreiheit zu beachten. Die abschließende Entscheidung des Verfahrens, die trotz ihres stufenweisen Zustandekommens als einheitliches Ganzes anzusehen ist, darf nicht in sich widersprüchlich sein. Die Beschränkung der Berufung ist daher stets unwirksam, wenn sie zu Widersprüchen zwischen nicht angefochtenen Teilen des Urteils und der Entscheidung des Berufungsgerichts führen kann (BGHSt 41, 57; OLG Naumburg NJW 2001, 312; LR-Gössel, § 318 Rn 3).

 

Rdn 231

3. Abzugrenzen ist die Beschränkung der Berufung davon, dass ein bestimmter Beschwerdepunkt vom Rechtsmittelangriff ausgenommen wird, also ein rechtlicher Teilaspekt, über den das AG (nicht) entschieden hat, der bei einer uneingeschränkten Überprüfung des Anklagevorwurfs durch das Berufungsgericht aber ohne Verstoß gegen das den Grundsatz der reformatio in peius (→ Berufung, Verschlechterungsverbot, Allgemeines, Teil A Rdn 290) zu einer für den Rechtsmittelführer unerwünschten Folge führen könnte, von diesem nicht überprüft werden soll. Dabei reicht die Dispositionsfreiheit des Rechtsmittelführers nicht soweit, den Strafausspruch oder gar nur einzelne, diesen betreffende Feststellungen von seinem Rechtsmittel...

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