Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Berufung ist in verschiedenen Fällen beschränkbar.
2. Die Wirksamkeit der grds. möglichen Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt voraus, dass das angefochtene Urteil ausreichende Feststellungen zur Tat enthält.
 

Rdn 240

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Berufung, Beschränkung, Allgemeines, Teil A Rdn 228.

 

Rdn 241

1.a) Die Berufung ist beschränkbar

bei mehreren Angeklagten auf einen von ihnen,
bei mehreren Taten (§§ 53 StGB, 264 StPO) auf eine von diesen,
bei einer Tat i.d.R. auf den Rechtsfolgenausspruch,
innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs auf bestimmte Punkte.
 

Rdn 242

b) Stets setzt die wirksame Beschränkung voraus, dass Gegenstand der – beschränkten – Berufung ein vollständiges Urteil des Amtsgerichts ist. Daran fehlt es, wenn das Urteil überhaupt nicht unterschrieben ist (OLG Düsseldorf StV 1987, 97; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2010, 250) oder keine Urteilsgründe enthält (BGHSt 46, 204).

 

Rdn 243

c) Bilden mehrere Taten i.S.v. § 53 StGB eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinn (§ 264 StPO) ist die Berufung nur dann auf einen der materiell-rechtlichen Vorwürfe beschränkbar, wenn dessen Überprüfung möglich ist, ohne dass sich das Berufungsgericht zu den übrigen rechtskräftig abgeurteilten Straftaten in Widerspruch setzen würde (OLG Düsseldorf VRS 74, 366 = wistra 1988, 118; OLG Jena NStZ-RR 2005, 276; OLG Oldenburg StRR 2008, 402; Meyer-Goßner/Schmitt, § 318 Rn 7; s.a, das Muster → Berufung, Beschränkung, Allgemeines, Teil A Rdn 238). Erstrebt die StA mit der Berufung lediglich die Berichtigung des Urteilssatzes, indem sie diese auf den Teilfreispruch beschränkt, ist dies zulässig, denn es geht allein um die Berichtigung einer Rechtsfolge, deren Anordnung angesichts des festgestellten und rechtlich zutreffend gewürdigten Sachverhalts unzulässig war und nicht um eine neue Bewertung eines Teils des Sachverhalts (OLG Zweibrücken VRS 85, 206).

 

Rdn 244

Bei einer Tat, die mit einer anderen in Tateinheit steht, ist die Beschränkung der Berufung auf einen oder mehrere rechtliche Gesichtspunkte unzulässig (OLG Hamm NZV 2008, 164). Kann über ein Konkurrenzverhältnis erst nach Durchführung der Berufungshauptverhandlung befunden werden, ist das Rechtsmittel ebenso wenig beschränkbar (OLG Köln NStE Nr. 14 zu § 318 StPO).

 

Rdn 245

d) Der Schuldspruch allein ist nicht anfechtbar (OLG Zweibrücken NStZ-RR 2008, 381; LR-Gössel, § 318 Rn 62). Auch auf Teile des Schuldspruchs kann die Berufung nicht beschränkt werden (OLG Oldenburg NStZ-RR 1996, 77). Dies gilt insgesamt auch für die diesbezüglich vom AG getroffene rechtliche Würdigung des Sachverhalts (OLG Frankfurt/Main StraFo 2003, 383). Zum Schuldspruch zählen

die den Schuldumfang betreffenden Voraussetzungen eines minder schweren oder besonders schweren Falles,
Strafänderungsgründe (BGH NStZ 1982, 29 [§ 260 StGB]),
die Suchtmotivation bei Betäubungsmittelstraftaten (BayObLG NStZ-RR 2004, 246).
 

☆ Die Frage der eingeschränkten Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ( § 21 StGB ) ist hingegen nicht Teil der Schuldfrage (BGHSt 7, 283; OLG Köln NStZ 1984, 379; Meyer-Goßner/Schmitt , § 318 Rn 15 m.w.N.).§ 21 StGB) ist hingegen nicht Teil der Schuldfrage (BGHSt 7, 283; OLG Köln NStZ 1984, 379; Meyer-Goßner/Schmitt, § 318 Rn 15 m.w.N.).

 

Rdn 246

e) Bei Regelbeispielen ist Folgendes zu beachten (BGHSt 29, 359):

Tragen die Feststellungen nach Lage des Falls den Schuldspruch (doppelrelevant sind) und wendet sich der Rechtsmittelführer sich gegen die Feststellungen, ergreift sein Rechtsmittel auch den Schuldspruch.
Sind die Feststellungen zu Merkmalen von Regelbeispielen zwar doppelrelevant, werden sie aber nach dem eindeutig und bestimmt erklärten Willen des sich nur gegen den Strafausspruch wendenden Beschwerdeführer nicht angegriffen, wird allein deshalb, weil es sich um auch den Schuldspruch tragenden Feststellungen handelt, die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung nicht infrage gestellt.
Sind die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts zum Regelbeispiel nach der besonderen Lage des Falls für den Schuldspruch nicht tragend, ist das in der Straffrage entscheidende Gericht nicht an sie gebunden.
 

☆ Danach handelt es sich bei den Regelbeispielen des § 243 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 StGB um doppelrelevante Umstände, während § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB für den Schuldspruch nicht tragend ist (OLG Düsseldorf OLGSt StPO § 318 Nr. 8). Auch die Frage der Gewerbsmäßigkeit bei Betrug (§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB) zählt regelmäßig zu den Straffragen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.3.2009 – 1 Ss 6/09; OLG Köln NStZ-RR 03, 298; a.A. BayObLG NStZ-RR 2003, 209; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2004, 271).§ 243 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 StGB um doppelrelevante Umstände, während § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB für den Schuldspruch nicht tragend ist (OLG Düsseldorf OLGSt StPO § 318 Nr. 8). Auch die Frage der Gewerbsmäßigkeit bei Betrug (§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB) zählt regelmäßig zu den Straffragen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.3.2009 – 1 Ss 6/09; OLG Köln NStZ-RR 0...

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