Das Wichtigste in Kürze:

1. Während der Bewährungszeit überwacht das Gericht die Lebensführung des Verurteilten, insbesondere die Erfüllung von Auflagen und Weisungen.
2. Zuständig ist grundsätzlich das Gericht des 1. Rechtszugs.
3. Hält sich der Verurteilte nicht oder nicht mehr im Bezirk des zunächst zuständigen Gerichts auf, so kann die Bewährungsüberwachung ganz oder teilweise an das Amtsgericht abgegeben werden, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
4. Wird der Verurteilte zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe in eine Justizvollzugsanstalt aufgenommen, wird die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die JVA liegt, in der sich der Verurteilte befindet.
5. Bei der Überwachung wird das Gericht vom Bewährungshelfer unterstützt.
 

Rdn 223

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Bewährung, Bewährungshilfe, Teil A Rdn 61, → Bewährung, Widerruf, Allgemeines, Teil A Rdn 289.

 

Rdn 224

1.a) Während der Bewährungszeit überwacht das Gericht die Lebensführung des Verurteilten, insbesondere die Erfüllung von Auflagen und Weisungen sowie von Anerbieten und Zusagen (§ 453b Abs. 1 StPO).

 

§ 453b Abs. 1 StPO enthält lediglich eine Aufgabenzuweisung an das Gericht. Eingriffe gegenüber dem Verurteilten rechtfertigt die Vorschrift nicht (BVerfG NJW 1995, 2279). Auch die im Ermittlungsverfahren vorgesehenen Eingriffsermächtigungen gelten im Rahmen der Bewährungsüberwachung nicht (KG NJW 1999, 2979; KK- Appl , § 453b Rn 1a)Eingriffe gegenüber dem Verurteilten rechtfertigt die Vorschrift nicht (BVerfG NJW 1995, 2279). Auch die im Ermittlungsverfahren vorgesehenen Eingriffsermächtigungen gelten im Rahmen der Bewährungsüberwachung nicht (KG NJW 1999, 2979; KK-Appl, § 453b Rn 1a)

 

Rdn 225

b) Lebensführung ist das gesamte Verhalten des Verurteilten, jedoch nur insoweit, als es für den Widerruf der Strafaussetzung oder Maßnahmen nach § 56e StGB von Bedeutung sein kann (KK-Appl, § 453b Rn 1a; zu § 56e StGB → Bewährung, nachträgliche Entscheidungen, Teil A Rdn 195). Neben erneuter Straffälligkeit kommen insbesondere Verstöße gegen Auflagen und Weisungen in Betracht (Meyer-Goßner/Schmitt, § 453b Rn 3).

 

Rdn 226

2. Zuständig ist grds. das Gericht des 1. Rechtszugs (§§ 453b Abs. 2, 462a Abs. 2 StPO). Sind mehrere Entscheidungen verschiedener Gerichte ergangen und liegen die Voraussetzungen für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nicht vor, ist gem. § 462a Abs. 4, Abs. 3 S. 2 StPO das Gericht zuständig, das auf die höchste Strafart, bei gleicher Strafart auf die höchste Strafe, bei gleichen Strafen mit dem zeitlich letzten Urteil erkannt hat.

 

Rdn 227

3. Hält sich der Verurteilte nicht oder nicht mehr im Bezirk des zunächst zuständigen Gerichts auf, so kann die Bewährungsüberwachung ganz oder teilweise an das Amtsgericht abgegeben werden, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Die Abgabe ist für das Gericht, an das abgegeben wird, bindend Ausnahmen kommen nur bei Unzuständigkeit des abgebenden Gerichts oder bei willkürlicher Abgabe in Betracht. Das Fehlen besonderer Gründe, die eine Abgabe zweckmäßig erscheinen lassen, rechtfertigt aber die Annahme von Willkür noch nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, § 462a Rn 23). Das abgebende Gericht ist an seine Entscheidung dagegen nicht gebunden, es kann die Abgabe rückgängig machen und die Sache wieder an sich ziehen (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.).

 

☆ Das Gericht, an das die Bewährungsüberwachung abgegeben wird, darf die Sache nicht weiter übertragen (BGH NStZ 1997, 379). Dies gilt auch dann, wenn sich der Wohnsitz bzw. der Aufenthaltsort des Verurteilten abermals ändert; die Überwachung ist dann vom Gericht des ersten Rechtszugs rückgängig zu machen. Anschließend kann die Bewährungsüberwachung erneut abgegeben werden.nicht weiter übertragen (BGH NStZ 1997, 379). Dies gilt auch dann, wenn sich der Wohnsitz bzw. der Aufenthaltsort des Verurteilten abermals ändert; die Überwachung ist dann vom Gericht des ersten Rechtszugs rückgängig zu machen. Anschließend kann die Bewährungsüberwachung erneut abgegeben werden.

 

Rdn 228

4. Wird der Verurteilte zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe in eine Justizvollzugsanstalt aufgenommen, wird die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die JVA liegt. Der Zuständigkeitsübergang findet auch dann statt, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges davor schon mit dem Bewährungswiderruf befasst war (BGH NStZ-RR 2009, 187; OLG Jena NStZ-RR 2012, 94).

 

Rdn 229

Gem. § 463 StPO gilt bei der Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung § 462a StPO entsprechend. Das psychiatrische Krankenhaus oder die Entziehungsanstalt tritt an die Stelle der JVA.

 

Rdn 230

5. Bei der Überwachung wird das Gericht vom Bewährungshelfer unterstützt (§ 56d Abs. 3 S. 2 StGB). Dieser hat insoweit eine Funktion in der Strafrechtspflege inne. Er ist weder Verteidiger noch Bevollmächtigter des Verurteilten, sondern dem Gericht gegenüber weisungsgebunden (Fischer, StGB, §...

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