Das Wichtigste in Kürze:

1. Gibt der Verurteilte während der Bewährungszeit keinen Anlass für einen Widerruf der Strafaussetzung, wird nach deren Ablauf die Strafe erlassen.
2. Das Gericht ist gehalten, nach dem Ablauf der Bewährungszeit so bald wie möglich über einen Straferlass zu entscheiden, die Entscheidung darf nicht ungebührlich verzögert werden. Eine bestimmte Frist, innerhalb derer es zum Straferlass oder zum Widerruf der Strafaussetzung kommen muss, existiert aber nicht.
3. Vor der Entscheidung über den Straferlass prüft das Gericht, ob gegen den Verurteilten weitere Strafverfahren anhängig sind. Ist dies der Fall, wird die Entscheidung zurückgestellt.
4. Der Erlass der Strafe erfolgt durch Beschluss. Für den Verurteilten ist der Straferlass mangels einer Beschwer nicht anfechtbar, die StA dagegen kann mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vorgehen.
5. Nicht nur die ursprüngliche Strafaussetzung, sondern auch der Straferlass selbst kann widerrufen werden (§ 56g Abs. 2 StGB).
6. Der Widerruf des Straferlasses führt nicht unmittelbar zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe. Hierfür bedarf es darüber hinaus einer Entscheidung nach § 56f StGB.
7. Die Entscheidung über den Widerruf des Straferlasses ergeht nach Anhörung der Staatsanwaltschaft und des Verurteilten durch Beschluss.
8. Statthaftes Rechtsmittel gegen den Widerruf ist die sofortige Beschwerde.
 

Rdn 201

 

Literaturhinweise:

S. die Hinweise bei → Bewährung, Bewährungszeit, Teil A Rdn 72; → Bewährung, Widerruf, Allgemeines, Teil A Rdn 289.

 

Rdn 202

1. Gibt der Verurteilte während der Bewährungszeit keinen Anlass für einen Widerruf der Strafaussetzung, wird nach deren Ablauf die Strafe erlassen (§ 56g Abs. 1 S. 1 StGB). Leistungen zur Erfüllung von Auflagen und Weisungen werden gem. §§ 56g Abs. 1 S. 2, 56 f. Abs. 3 S. 1 StGB nicht erstattet.

 

Rdn 203

2. Das Gericht ist gehalten, nach dem Ablauf der Bewährungszeit so bald wie möglich über einen Straferlass zu entscheiden, die Entscheidung darf nicht ungebührlich verzögert werden (BGH NStZ 1993, 235). Eine bestimmte Frist, innerhalb derer es zum Straferlass oder zum Widerruf der Strafaussetzung kommen muss, besteht aber nicht (BGH NStZ 1993, 235; SSW-StGB/Mosbacher, § 56c Rn 2).

 

☆ Einem Widerruf nach Ablauf der Bewährungszeit können jedoch Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen (→  Bewährung, Widerruf, Allgemeines , Teil A Rdn  296 ).Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen (→ Bewährung, Widerruf, Allgemeines, Teil A Rdn 296).

 

Rdn 204

3.a) Vor der Entscheidung über den Straferlass prüft das Gericht, ob gegen den Verurteilten neue Strafverfahren anhängig sind. Ist dies der Fall, wird die Entscheidung zurückgestellt. In diesem Fall teilt das Gericht dem Verurteilten die Zurückstellung mit, sofern hierdurch die neuen Ermittlungen nicht gefährdet werden. Eine solche Unterrichtung hindert die Entstehung eines Vertrauenstatbestands (→ Bewährung, Widerruf, Allgemeines, Teil A Rdn 298).

 

Rdn 205

b) Problematisch sind Konstellationen, in denen sowohl der Erlass der Strafe als auch deren Einbeziehung in eine nachträgliche Gesamtstrafe in Betracht kommen. Der Umstand, dass eine neu zu bildende Gesamtstrafe nicht mehr aussetzungsfähig ist und die Bewährungszeit aus den früheren Strafen abgelaufen ist, hindert die Einbeziehung der im früheren Urteil verhängten Strafe nicht (BGH NStZ 1993, 235; NStZ-RR 2009, 205). In einem solchen Fall ist das Gericht aber gehalten, bei der Gesamtstrafenbildung die Härten besonders zu bedenken und zu gewichten, die sich für den Angeklagten daraus ergeben, dass er noch nach Ablauf der bereits überstandenen Bewährungszeit durch die Einbeziehung in eine nicht mehr aussetzungsfähige Gesamtstrafe so gestellt wird, als ob die Strafaussetzung widerrufen worden wäre (BGH NStZ 1991, 330; NStZ 1993, 235).

 

☆ Die sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen § 55 StGB und § 56g StGB ergebenden Härten können zudem besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB darstellen (BGH NStZ 1993, 235).besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB darstellen (BGH NStZ 1993, 235).

 

Rdn 206

4.a) Der Erlass der Strafe erfolgt durch Beschluss (§ 453 Abs. 1 StPO). Zuständig ist das für die Bewährungsüberwachung zuständige Gericht, also grundsätzlich das Gericht des 1. Rechtszugs (→ Bewährung, Überwachung, Teil A Rdn 226). Vor der Entscheidung ist gem. § 453 Abs. 1 S. 4 StPO der Bewährungshelfer zu unterrichten, der dem Gericht vor dem Ablauf der Bewährungszeit einen Schlussbericht vorlegen sollte (Fischer, § 56d Rn 5; → Bewährung, Bewährungshilfe, Teil A Rdn 61).

 

Rdn 207

b) Für den Verurteilten ist der Straferlass mangels einer Beschwer nicht anfechtbar. Die StA kann dagegen mit der sofortigen Beschwerde gegen den Erlass vorgehen (§ 453 Abs. 2 S. 3 StPO).

 

Rdn 208

5.a) Nicht nur die ursprüngliche Strafaussetzung, sondern auch der Straferlass selbst kann widerrufen werden (§ 56g Abs. 2 StGB). Dies kommt in Betracht, wenn gegen den Verurteilten wegen einer in der Bewährungszeit begangenen vorsätz...

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