Praxis-Beispiel

Beispiel

Der Arbeitnehmer wird von seinem deutschen Arbeitgeber, mit dem er einen lokalen deutschen Arbeitsvertrag hat, für zwei Jahre zur britischen Betriebsstätte entsendet. Er erhält zusätzlich einen Entsendevertrag. Die Gehaltskosten werden an die britische Betriebsstätte weiterbelastet. Seine Familie bleibt in Deutschland. Der Arbeitnehmer wird vier Tage pro Woche im VK arbeiten und hat mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass er freitags aus dem Homeoffice in Deutschland arbeiten kann. Dem Arbeitnehmer wird im VK ein Serviced Apartment durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Der Arbeitnehmer hat eine Nettolohnvereinbarung mit seinem Arbeitgeber geschlossen. Die Gehaltszahlung erfolgt ausschließlich in Deutschland.

Lösung

Da der Arbeitnehmer während seiner Arbeitstage im VK weiterhin seinen Familienwohnsitz in Deutschland beibehält, bleibt er gem. nationalem deutschen Steuerrecht unbeschränkt mit seinem Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig.

Für den Arbeitgeber gilt, dass ein Arbeitstag pro Woche, den der Mitarbeiter in Deutschland verbringt, auch in Deutschland zu versteuern ist. Aufgrund der Nettolohnvereinbarung muss von dem Mitarbeiter zudem eine hypothetische Steuer auf den Teil des Gehalts einbehalten werden, der in Übereinstimmung mit dem DBA-UK auf das VK entfällt.[14] Zusätzlich muss das Gehalt im VK im Rahmen einer monatlichen "Schatten"-Gehaltsabrechnung versteuert werden, um im VK den abzuführenden Lohnsteuerbetrag (PAYE) zu ermitteln. Dies geschieht im Rahmen einer Netto-Brutto-Hochrechnung, bei der das deutsche Nettogehalt, welches mit ihm vereinbart wurde, als Ausgangsbasis herangezogen wird.

Die Versteuerung der deutschen Arbeitstage in Deutschland ergibt sich nicht nur aus dem Fakt, dass der Mitarbeiter gem. DBA als vorrangig ansässig in Deutschland gilt und damit seine Tätigkeitstage auch in Deutschland versteuern muss. Auch das sog. Stammhausprinzip, das in dieser Konstellation anzuwenden ist, lässt dem Arbeitgeber keine andere Möglichkeit. Der Arbeitgeber hat den Mitarbeiter entsprechend den über ELStAM abgerufenen Lohnsteuerabzugsmerkmalen zu versteuern. Hierbei hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dass bereits an der Quelle, im Rahmen der monatlichen Gehaltsabrechnung, lediglich die deutschen Arbeitstage, die der Arbeitnehmer in Deutschland verbringt, lohnversteuert werden. Denn das DBA zwischen Deutschland und dem VK sieht vor, dass das Besteuerungsrecht für im VK verbrachte Arbeitstage dem VK zugewiesen wird, da die Gehaltskosten nach Großbritannien weiterbelastet werden und der Arbeitnehmer für eine in Großbritannien belegene Betriebsstätte des deutschen Unternehmens tätig wird. Der Arbeitnehmer sollte deshalb vertraglich verpflichtet werden, die monatliche tatsächliche Anzahl der Arbeitstage in beiden Ländern dem deutschen Arbeitgeber mitzuteilen, damit dieser das steuerpflichtige Gehalt entsprechend den Arbeitstagen aufteilen und korrekt versteuern kann.[15] Hierzu muss dem Betriebsstättenfinanzamt ein Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung übermittelt werden. Es empfiehlt sich, den Sachverhalt in einem kurzen Begleitschreiben vollständig darzustellen. Der Antrag kann für bis zu drei Jahre gestellt werden, bevor er erneuert werden muss. Der steuerfreie Anteil des Gehalts für vier Tage pro Woche kann anschließend steuerfrei an den Mitarbeiter ausgezahlt werden und ist in Zeile 16 der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen.

Der Arbeitnehmer ist auf deutscher Seite aufgrund seiner unbeschränkten Steuerpflicht verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, in der er sein Welteinkommen erklärt. Dies beinhaltet nicht nur das deutsche steuerpflichtige Gehalt für seine deutschen Arbeitstage, sondern sein Welteinkommen, somit auch die steuerfreien Einnahmen, die der Arbeitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen hat. Dieser steuerfreie Anteil wird im Rahmen der Steuererklärung von der Besteuerung in Deutschland unter Erbringung eines Nachweises der Besteuerung im VK gem. § 50d Abs. 8 EStG freigestellt, jedoch bei der Berechnung des persönlichen Steuersatzes berücksichtigt. Infolgedessen kann es zu einer Nachzahlung von Steuern im Rahmen der Veranlagung kommen. Da der Arbeitgeber jedoch mit dem Arbeitnehmer eine Nettolohnvereinbarung getroffen hat, ist eine mögliche Nachzahlung vom Arbeitgeber zu tragen. Diese Nachzahlung wiederum ist im Zahlungszeitpunkt erneut als geldwerter Vorteil zu behandeln und als steuerpflichtiger Arbeitslohn in die Gehaltsabrechnung aufzunehmen, da die Übernahme der deutschen Steuerzahlung direkt Deutschland zuzuordnen ist.[16] Ob der Mitarbeiter auf britischer Seite anschließend eine Steuererklärung abgeben muss, ist nach britischem Recht zu prüfen.

Auf britischer Seite ist ebenfalls zu entscheiden, wie die Bereitstellung des Apartments oder die Übernahme von Kosten für Familienheimfahrten aus steuerlicher S...

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