Ein Stimmverbot besteht auch dann, wenn der Beschluss die

  • Einleitung oder
  • Erledigung

eines Rechtsstreits zum Gegenstand hat. Der Begriff des Rechtsstreits ist dabei weit zu fassen. Hierunter fallen sämtliche Verfahren des § 43 WEG. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der vom Stimmverbot betroffene Wohnungseigentümer und die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüberstehen.

Einleitung eines Rechtsstreits

Zunächst ist der Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn die Beschlussfassung die Einleitung eines Rechtsstreits gegen ihn zum Gegenstand hat. Praxisrelevante Fälle sind insoweit

  • die Einleitung des Mahnverfahrens,
  • die Erhebung einer Hausgeldklage,
  • die Erhebung einer Klage auf Zahlung von Schadensersatz,
  • die Entscheidung über die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens,
  • die Klage auf Beseitigung einer baulichen Veränderung,
  • die Klage auf Unterlassen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung.

Die Einleitung eines Rechtsstreits umfasst auch vorprozessuale Entscheidungen der Wohnungseigentümer, wie eine Beschlussfassung über

  • die Beauftragung eines Rechtsanwalts[1]
  • das Einholen eines Sachverständigengutachtens[2] oder
  • die Erhebung von Sonderumlagen zur Finanzierung der Verfahrenskosten.[3]

An der Grenze zur Fallgruppe einer Beschlussfassung über die Erledigung eines Rechtsstreits bewegt sich die Entscheidung über das Einlegen von Rechtmitteln.[4] Ungeachtet der rein akademischen Frage, in welche Kategorie ein derartiger Beschluss gehört, besteht jedenfalls ein Stimmverbot.

Erledigung

Auch soweit die Beschlussfassung eine Erledigung des Rechtsstreits gegen den Wohnungseigentümer zum Gegenstand hat, ist dieser vom Stimmrecht ausgeschlossen. Die gesetzliche Regelung ist hier allerdings unscharf. Denn eine Erledigung des Rechtsstreits gegen einen Wohnungseigentümer bedarf – nach dem zivilprozessualen Terminus der "Erledigung eines Rechtsstreits" – niemals entsprechender Beschlussfassung der Wohnungseigentümer. Die Erledigung eines Rechtsstreits tritt vielmehr aufgrund der jeweiligen Verfahrenssituation ein.

 
Praxis-Beispiel

Zahlung während des Hausgeldverfahrens

Ein Wohnungseigentümer war mit der Zahlung von Hausgeldern in Verzug. Die Gemeinschaft klagte gegen ihn auf Zahlung. Im Laufe des Verfahrens hatte der Wohnungseigentümer den Zahlungsrückstand ausgeglichen, weshalb sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Die Erledigterklärung seitens der Eigentümergemeinschaft muss zwar ausdrücklich abgegeben werden, wobei sie aber keiner vorherigen Beschlussfassung bedarf.

Praxisrelevante Fälle einer Erledigung des Rechtsstreits i. S. v. § 25 Abs. 4 Alt. 2 WEG sind Klagerücknahme, Anerkenntnis, Verzicht oder der Abschluss eines Prozessvergleichs.

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