Schließlich besteht ein gesetzliches Stimmverbot dann, wenn der Wohnungseigentümer rechtskräftig zur Veräußerung seines Sondereigentums verurteilt ist. Bekanntermaßen kann die Entziehung des Sondereigentums dann von einem Wohnungseigentümer verlangt werden, wenn dieser in ganz erheblicher Weise gegen die ihm obliegenden Pflichten verstößt. Bis zum Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 konnte die Entziehung des Eigentums nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG a. F. dann begehrt werden, wenn Hausgeldrückstände in Höhe von mehr als 3 % des Einheitswerts bestanden und die Verzugsdauer länger als 3 Monate betragen hatte. Da durch das WEMoG auch die Bestimmung des § 10 Abs. 3 ZVG dahingehend geändert wurde, dass die Zwangsversteigerung einer Sondereigentumseinheit ohne betragsmäßige Begrenzung möglich ist, konnte dieser Entziehungsgrund im Gesetz gestrichen werden. Nunmehr ist es den Eigentümergemeinschaften möglich, nach Titulierung ihrer Forderung unmittelbar die Zwangsversteigerung zu betreiben.

Beschlussfassung vor Entziehungsklage

Vor Inkrafttreten des WEMoG stellte zwingende Verfahrensvoraussetzung einer Entziehungsklage eine Beschlussfassung über die Entziehung des Wohnungseigentums dar. Da das modifizierte Recht der Eigentumsentziehung in § 17 WEG eine Beschlussfassung nicht mehr ausdrücklich vorsieht, vertreten vereinzelte Literaturstimmen die Auffassung, eine Entziehungsklage könne auch ohne vorherige Beschlussfassung erhoben werden. Die herrschende Meinung hingegen hält nach wie vor eine Beschlussfassung für erforderlich, was im Übrigen auch Auffassung des Gesetzgebers ist.[1]

Der Beschluss wird im Fall der Anfechtung lediglich dahingehend überprüft, ob die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung erfüllt waren und Abmahnungen vorausgegangen sind, die eine Pflichtverletzung zum Gegenstand hat, die grundsätzlich geeignet ist, eine Eigentumsentziehung zu rechtfertigen.[2] Ist der Wohnungseigentümer dann gerichtlich zur Veräußerung seines Sondereigentums verurteilt worden, kommt er dieser Verpflichtung aber nicht nach, gehört er der Gemeinschaft als Wohnungseigentümer weiterhin an, bis im Rahmen der von der Eigentümergemeinschaft initiierten Zwangsversteigerung der Sondereigentumseinheit dann ein neuer Eigentümer in die Gemeinschaft eintritt. Vollstreckungsmaßnahmen kommen auch erst dann in Betracht, wenn das Urteil, das den Wohnungseigentümer zur Veräußerung verurteilt, rechtskräftig ist.

Hat sich nun also ein Wohnungseigentümer einer so schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht, ist nachvollziehbar, dass er vom Stimmrecht für die restliche Dauer seiner Mitgliedschaft als Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist.

 

Stimmrechtsausschluss bereits bei Beschlussfassung über Entziehung

Der Wohnungseigentümer, der zur Veräußerung seines Wohnungseigentums gezwungen werden soll, ist bereits im Rahmen der Beschlussfassung über die Entziehung des Wohnungseigentums vom Stimmrecht ausgeschlossen. Grund hierfür ist, dass die Wohnungseigentümer einen Beschluss über die Einleitung eines Rechtsstreits gegen ihn fassen und insoweit der Geltungsbereich von § 25 Abs. 4 Alt. 2 WEG betroffen ist.

 

Aufleben des Stimmrechts bis zur rechtskräftigen Verurteilung

Zu beachten ist freilich, dass der Wohnungseigentümer im Anschluss an die Entziehungsbeschlussfassung wieder stimmberechtigt ist – und dies so lange, bis er nach entsprechender Klageerhebung rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt wurde. Im Zeitraum zwischen Beschlussfassung und Rechtskraft des Urteils hat der betreffende Wohnungseigentümer also durchaus weiterhin sein Stimmrecht.

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