Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütungsanspruch eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse. kein Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung bei Geltendmachung einer verrechneten, als solchen unstreitigen Forderung. Vergütungspflicht der Krankenkasse nach wirksamer Verpflichtung zur Erbringung einer stationären Behandlungsleistung gegenüber dem Versicherten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn der Krankenhausträger eine verrechnete, als solche unstreitige Forderung im Klagewege geltend macht, bedarf es keiner Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), auch wenn die beklagte Krankenkasse mit einer streitigen Erstattungsforderung aufrechnet, welche auf einer Abrechnungsprüfung durch den MDK beruht (Anschluss an SG Mainz vom 4.6.2014 - S 3 KR 645/13 - Rn 16ff; entgegen SG Gelsenkirchen vom 4.3.2014 - S 41 KR 419/13 - Rn 25; SG Ulm vom 9.7.2014 - S 8 KR 4113/13).

2. Wenn die Krankenkasse sich gegenüber dem Versicherten wirksam verpflichtet hat, eine stationäre Behandlungsleistung nach § 39 Abs 1 S 2 SGB 5 zu erbringen, ist sie gegenüber dem zugelassenen Leistungserbringer auch zur Vergütung der auf dieser Grundlage erbrachten Leistung dem Grunde nach verpflichtet. Nach Bewilligung der stationären Leistung gegenüber dem Versicherten kann sich die Beklagte gegenüber dem Krankenhaus nicht mehr auf die fehlende Notwendigkeit der stationären Behandlung im Sinne einer primären Fehlbelegung berufen.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 906,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.07.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 906,94 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung der Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin der H. Klinik K. D. in S..

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patientin befand sich vom 05.09.2011 bis zum 06.09.2011 im Krankenhaus der Klägerin in stationärer Behandlung. Bei der zum Zeitpunkt der Behandlung vierjährigen Patientin wurde bei Hauptdiagnose einer Hyperplasie der Rachenmandel (J35.2) am 05.09.2011 eine Adenotomie und eine beidseitige Paracentese (Trommelfellschnitt) durchgeführt. Aus dem Arztbrief vom 05.09.2011 geht hervor, dass Operation und postoperativer Verlauf sich komplikationslos gestaltet hätten. Der Entschluss zur stationären Therapie sei wegen der langen Anfahrt zur Klinik (über 60 Minuten) bei potenzieller Nachblutungsgefahr gefallen.

Zuvor hatte die Beklagte gegenüber der Mutter der Versicherten in einem Schreiben vom 28.07.2011 mitgeteilt, dass sie die Kosten für den geplanten stationären Aufenthalt der Versicherten für einen Belegtag übernehmen werde. Sie wies weiter darauf hin, dass bei stationärer Krankenhausbehandlung grundsätzlich keine Genehmigung durch die Krankenkasse im Vorfeld vorgesehen sei. Der aufnehmende Krankenhausarzt sei verpflichtet, über die Notwendigkeit der stationären Behandlung zu entscheiden, da diese Entscheidung in die Therapiehoheit des Arztes falle. Nach der Entlassung könne die Beklagte unabhängig von dieser Kostenzusage eine Überprüfung des Aufenthalts durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) veranlassen. Dies habe jedoch keine Auswirkungen für die Versicherte. Das Ergebnis und die Folgen der Prüfung würden ausschließlich zwischen Krankenhaus und der Beklagten besprochen. Die Mutter der Versicherten wurde weiter gebeten, das Schreiben, sofern erforderlich, zusammen mit der Einweisung bei Aufnahme im Krankenhaus abzugeben.

Die Klägerin stellte der Beklagten die erbrachten Leistungen unter dem 30.09.2011 auf Grund der DRG D13Z (kleine Eingriffe an Nase, Ohr und Mund) in Rechnung. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag in Höhe von 906,94 Euro zunächst vollständig.

Die Beklagte beauftragte anschließend den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz mit der Prüfung des Falls.

Der MDK kam in seinem Gutachten vom 13.12.2011 zu dem Ergebnis, dass eine ambulante Behandlung ausreichend gewesen wäre. Zur Begründung führte er aus, dass die durchgeführten operativen Maßnahmen sowie die notwendige Anästhesie auf Grund der Größe des Eingriffs und der geringen Wahrscheinlichkeit ernstlicher postoperativer Komplikationen in der Regel ambulant durchführbar sei. Die Operation sei als solche im Katalog ambulanter Operationen nach § 115b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Kategorie "1" zugeordnet. Besonderheiten hinsichtlich des Behandlungsverlaufs, der Behandlungsintensität oder des Beschwerdebildes seien der vorgelegten Dokumentation nicht zu entnehmen. Die Würdigung der vorgetragenen Umstände der besonderen Entfernung zum Wohnort von 60 Kilometern laut Krankenhaus und die daraus resultierende besondere Patientengefährdung bleibe der leistungsrechtlichen Bewertung durch die Krankenkasse vorbehalten.

Die Beklage verrechnete daraufhin am 27.01.2012 den Rechnungsbetrag mit unstreitigen...

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