Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Zuzahlungspflicht des Versicherten bei Erbringung stationärer Rehabilitationsleistungen

 

Orientierungssatz

1. Ein Versicherter in der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt auch dann zur Leistung einer kalendertäglichen Zuzahlung im Rahmen einer stationären Rehabilitation verpflichtet, wenn sein Einkommen über der in der Zuzahlungsrichtlinie des Rentenversicherungsträgers festgelegten Freigrenze für eine Zuzahlung liegt und Unterhaltspflichten lediglich gegenüber seinem Ehegatten bestehen. Dies gilt jedenfalls dann, soweit das verfügbare Nettoeinkommen im Haushalt mindestens den Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entspricht.

2. Einzelfall zur Beurteilung der Pflicht zur Leistung einer kalendertäglichen Zuzahlung bei Inanspruchnahme von Leistungen zur stationären medizinischen Rehabilitation (hier: Leistungspflicht bejaht).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Befreiung des Klägers von der Pflicht zur Leistung einer Zuzahlung in Höhe von 10 EUR kalendertäglich, insgesamt 420 EUR zu den Kosten einer in Anspruch genommenen stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation von 18.05.2011 bis 29.06.2011.

Der am 03.06.19xx geborene Kläger war als Bestattungsgehilfe bei der Firma J. & T. GmbH in E. tätig. Ausweislich der Lohnabrechnung für Januar 2011 betrug das Einkommen des Klägers 1.591,90 EUR brutto und 1.280,86 EUR netto. Von diesem Betrag behielt der Arbeitgeber 83,80 EUR ein, so dass dem Kläger tatsächlich 1.197,06 EUR ausgezahlt wurden.

Am 17.02.2011 beantragte der Kläger die Gewährung einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 24.02.2011 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von vier Wochen in der Eifelklinik, Klinik für Psychosomatik und Innere Medizin in Manderscheid.

Der Bescheid enthielt u. a. den Hinweis auf die Pflicht zur Leistung einer Zuzahlung in Höhe von 10 EUR pro Kalendertag, längstens für 42 Tage. Über den Gesamtbetrag der zu leistenden Zuzahlung werde ein gesonderter Bescheid ergehen.

Die Beklagte erbrachte die bewilligte Rehabilitationsleistung in der Zeit vom 18.05.2011 bis 29.06.2011. Der Kläger erhielt mit Bescheid vom 05.07.2011 eine Fahrtkostenerstattung in Höhe von 85,40 EUR. Ferner erhielt er mit Bescheid vom 18.07.2011 Übergangsgeld in Höhe von 34,14 EUR für den 29.06.2011.

Mit Bescheid vom 18.07.2011 forderte die Beklagte von dem Kläger eine Zuzahlung zur Leistung der medizinischen Rehabilitation in Höhe von 10 EUR kalendertäglich für 42 Tage = 420 EUR. Von diesem Betrag sei das gewährte Übergangsgeld in Höhe von 34,14 EUR einzubehalten, so dass der Kläger noch 385,86 EUR zu zahlen habe.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte zur Begründung aus, er sei von Zuzahlungen befreit. Er sei arbeitsunfähig, erhalte kein Gehalt mehr und das Krankengeld sei noch nicht berechnet worden. Im Übrigen seien die Angaben seiner Arbeitgeberin zu seinem Einkommen falsch. Er übersandte insofern Lohnabrechnungen für die Monate April bis Juni 2011.

Mit Bescheid vom 22.07.2011 berechnet die Beklagte das Übergangsgeld nach den nun vorgelegten Lohnnachweisen neu und bewilligte dem Kläger für den 29.06.2011 Übergangsgeld in Höhe von 32,67 EUR.

Mit Bescheid vom 22.07.2011 forderte die Beklagte von dem Kläger nunmehr unter Einbehaltung des neu berechneten Übergangsgeldes eine Zuzahlung zur medizinischen Rehabilitation in Höhe von 387,33 EUR (420 EUR - 32,67 EUR).

Der Kläger hielt nach Erhalt dieser Bescheide seinen Widerspruch aufrecht und führte zur Begründung aus, er habe ein Netto-Einkommen von unter 1.200 EUR, da sein Beitrag zur betrieblichen Altersversorgung gleich vom Arbeitgeber abgezogen werde. Sein nunmehr berechnetes Krankengeld betrage ab dem 30.06.2011 kalendertäglich 44,33 EUR brutto und 38,83 EUR netto = monatlich 1.164 EUR. Davon müsse er zwei Personen ernähren. Er sei daher von der Zuzahlung zu befreien.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2014 zurück und führte zur Begründung aus, die Zuzahlung für eine in Anspruch genommene Leistung zur medizinischen Rehabilitation sei nur dann nicht zu leisten, wenn sie den Versicherten unzumutbar belaste. Von einer solchen unzumutbaren Belastung sei u. a. auszugehen, wenn das monatliche Netto-Arbeitsentgelt einen Betrag von 40 v. H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht übersteige. Für das Jahr 2011 sei dies ein Betrag von 1.023 EUR. Eine teilweise Befreiung von der Zuzahlung sei u. a. möglich, wenn er ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 Einkommensteuergesetz (EStG) habe oder pflegebedürftig sei oder der Ehegatte pflegebedürftig sei und keinen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung habe und einen Verdienst von 1.200 EUR nicht überschritten werde. ...

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