Entscheidungsstichwort (Thema)

Stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Zuzahlungsrichtlinien des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung. Befreiung von der Zuzahlungspflicht. unzumutbare Belastungsgrenze. keine Anwendbarkeit der Regelungen für zumutbare Eigenbeteiligung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auf die Zuzahlung nach § 32 SGB 6 zu den durch den Rentenversicherungsträger gewährten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation finden nur an den Krankenversicherungsträger kalendertäglich geleistete Zuzahlungen zu Krankenhausbehandlungen oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Anrechnung, nicht aber alle sonstigen nach dem SGB 5 zu leistenden Zuzahlungen.

2. Die Regelung des § 62 SGB 5 über die Belastungsgrenze für Zuzahlungen nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist nicht auf die Zuzahlungsverpflichtung nach § 32 SGB 6 anwendbar. Die nach § 62 SGB 5 eingetretene Befreiung von Zuzahlungsverpflichtungen nach dem SGB 5 entbindet nicht auch von der Zuzahlungsverpflichtung nach § 32 SGB 6.

3. Im Rentenversicherungsrecht bestimmt sich nach der Vorschrift des § 32 Abs 4 SGB 6 in einer von der Belastungsgrenze des § 62 SGB 5 verschiedenen Regelung eigenständig, wann von einer Zuzahlung wegen unzumutbarer Belastung abgesehen werden kann. Demnach kann von einem Versicherten eine Zuzahlung nach dem SGB 6 auch dann noch zu leisten sein, wenn die Belastungsgrenze nach dem SGB 5 bereits erreicht ist.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Verpflichtung zur Zuzahlung zu einer ihm von der Beklagten gewährten stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation.

Der am … 1954 geborene Kläger arbeitete seit 2001 als Angestellter in einem Callcenter, wobei er im Jahr 2006 innerbetrieblich auf einen Arbeitsplatz mit ausschließlicher Bürotätigkeit ohne direkte Kundenbetreuung wechselte. Im Jahr 2005 erkrankte der Kläger an einem mit einer HIV-Erkrankung assoziierten Lymphdrüsenkrebs (Morbus Hodgkin).

Mit Schreiben vom 4. Januar 2007 teilte die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) als Krankenkasse des Klägers diesem mit, dass sie sich unter bestimmten Voraussetzungen an den Aufwendungen der Versicherten zu gesetzlich vorgeschriebenen Zuzahlungen im Rahmen der Krankenversicherung beteilige. Hierzu übersandte sie ihm einen Antrag, um die persönliche Belastungsgrenze beziehungsweise die dem Kläger zumutbare Eigenbeteiligung festzustellen. Unter “Hinweise zum Antrag auf Erstattung von Zuzahlungen„ teilte die KKH im Abschnitt “Zuzahlungen„ unter anderem mit:

“Zur Prüfung einer unzumutbaren finanziellen Belastung können ausschließlich Aufwendungen für gesetzliche Zuzahlungen der Krankenversicherung berücksichtigt werden. Hierzu zählen, […]

-

gesetzliche Zuzahlungen zu stationären sowie ambulanten Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen […]

-

gesetzliche Zuzahlungen zur stationären Krankenhausbehandlung.

Zu den nicht anrechnungsfähigen Zahlungen gehören z. B. folgende Aufwendungen, […]

-

Zuzahlungen zu anderen Trägern (z. B. an die Rentenversicherung, zur PKV) […]„

Am 16. Januar 2007 erteilte die KKH dem Kläger eine für den Zeitraum für das Kalenderjahr 2007 gültige “KKH-Plus-Card„ über die Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen.

Am 8. Februar 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten onkologische Rehabilitationsleistungen. Mit Bescheid vom 28. Februar 2007 bewilligte ihm die Beklagte daraufhin eine dreiwöchige stationäre Leistung zur onkologischen Rehabilitation in der Strandklinik B…, die er dort ausweislich des in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Entlassungsberichts vom 16. August 2007 im Zeitraum vom 24. Juli bis 14. August 2007 absolvierte. In dem Bescheid vom 28. Februar 2007 wies die Beklagte im Hinblick auf erforderliche Zuzahlungen zu der bewilligten Rehabilitationsmaßnahme auf das Folgende hin:

“Die Inanspruchnahme der Rehabilitationsleistung ist mit einer Zuzahlung verbunden.

Dauer und Höhe der Zuzahlung richtet sich nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht.

Für jeden Kalendertag der stationären Leistung sind von Ihnen 10,00 EUR zu zahlen. Die Zuzahlung ist längstens für 42 Tage zu erbringen. Frühere Zuzahlungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Krankenhausbehandlungen innerhalb desselben Kalenderjahres werden angerechnet. Von der Zuzahlung können Sie ganz oder teilweise befreit werden. Näheres entnehmen Sie bitte dem Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung (G2601). Diesen erhalten Sie bei einer gesetzlichen Krankenkasse, beim Versicherungsamt oder einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung.„

Mit Bescheid vom 5. September 2007 forderte die Beklagte sodann vom Kläger für die durchgeführte stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation eine Zuzahlung in Höhe von 10,00 Euro pro Tag für 21 Tage, insgesamt 210,00 Euro. Zur Begründung führte si...

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