Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsfähigkeit von Fachärzten für Herzchirurgie. keine Entscheidungsbefugnis für Bewertungs- und Gemeinsamen Bundesausschuss

 

Orientierungssatz

1. Zur vertragsärztlichen Versorgung können auch Fachärzte für Herzchirurgie zugelassen werden.

2. Für die Zulassung ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis von Herzchirurgen mangels gesetzlicher Normierung kein Ausschlussgrund.

3. Über die Entscheidung zur Zulassungsfähigkeit einzelner Facharztgruppen steht dem Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen keine Befugnis zu. In diesem Zusammenhang ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen an das berufsrechtliche Weiterbildungs- und vertragsärztliche Zulassungsrecht gebunden.

4. Die Zulassungsfähigkeit einer Arztgruppe fällt auch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Gemeinsamen Bundesausschusses.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.09.2009; Aktenzeichen B 6 KA 35/08 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8) und 9).

 

Tatbestand

Streitig ist die Zulassung der Beigeladenen 8) und 9) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

Die Beigeladenen zu 8) und 9) sind Fachärzte für Herzchirurgie.

Der Zulassungsausschuss erteilte Ihnen mit Beschlüssen vom 17.03.2005 mit Wirkung zum 01.04.2005 die Zulassung als Fachärzte für Herzchirurgie für den Vertragsarztsitz C Str. ... in W-B. Zugleich gab er ihrem Antrag auf Gründung einer Gemeinschaftspraxis statt.

Gegen diese Beschlüsse erhob die Klägerin jeweils Widerspruch mit der Begründung, dass Fachärzte für Herzchirurgie nach ihrer Auffassung grundsätzlich nicht zulassungsfähig seien. Die Zulassung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung müsse die gesamte Breite eines Versorgungsbereichs abdecken. Vorliegend sei auf das Fachgebiet Chirurgie abzustellen. Die Herzchirurgie sei lediglich ein Ausschnitt aus diesem Bereich, für den zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur einzelne, spezielle Leistungen im ambulanten Bereich zur Verfügung stünden. Das habe zur Folge, dass sich das Tätigkeitsfeld unterhalb einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis befinden würde. Dagegen erwecke der eingereichte Leistungskatalog den Eindruck, dass das Leistungsspektrum eines Chirurgen abgedeckt werden solle. Das Fachgebiet Chirurgie sei jedoch im Planungsbereich W gesperrt. Es dränge sich der Eindruck auf, dass eine Umgehung der Zulassungssperre beabsichtigt sei. Sie verwies ferner auf einen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21.12.2004, nach welchem Herzchirurgen nicht niederlassungsfähig seien.

Die Beigeladenen zu 8) und 9) wiesen darauf hin dass sie die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 95 SGB V und § 18 Ärzte-ZV erfüllten. Der Facharzt für Herzchirurgie sei ein eigenständiges Gebiet, für welches sie auch zulassungsfähig seien.

Der Beklagte wies die Widersprüche der Klägerin mit Beschluss vom 06.07.2005 zurück. Die Herzchirurgie stelle zumindest seit 1994 ein eigenständiges Fachgebiet dar und die Definition dieses Fachgebietes lege die Breite des Versorgungsbereichs dar. Durch ihre Tätigkeit wollten die Beigeladenen diesen Versorgungsbereich abdecken, so dass die Bedenken der Klägerin den Fall nicht träfen. Diese Leistungen seien auch nicht nur nach den neuen Ziffern 31181 bis 31188 EBM - mit sehr beachtlichen Punktwerten - abzurechnen, sondern, was beispielsweise die Herzschrittmacherimplantationen bzw. Aggregatwechsel anbelange, nach den Nrn. 3121 1 ff EBM. Dass derartige Leistungen ambulant durchgeführt werden könnten, lasse sich nicht bezweifeln. Deshalb bestünden auch keine Zweifel, dass die von den beiden Ärzten angestrebte Praxis durchaus eine wirtschaftlich tragfähige Existenzgrundlage für sie darstellen werde.

Die Klägerin hat am 01.08.2005 Klage erhoben.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes haben die Beigeladenen zu 8) und 9) die sofortige Vollziehung der Entscheidung des Beklagten erwirkt (Beschluss des LSG NRW vom 04.09.2006 - L 10 B 2/06 KA ER -).

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin ergänzend zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, dass der Bewertungsausschuss zwischenzeitlich mit Wirkung zum 01.10.2006 eine Änderung des Kapitels 7 des EBM beschlossen habe. Danach seien Fachärzte für Herzchirurgie in der Präambel der chirurgischen Leistungen nicht mehr enthalten, weswegen es für sie an abrechnungsfähigen Leistungen fehle. Im Anhang 2 des EBM seien für die Leistungen 31181 bis 31188 des Kapitels 31 EBM (kardiochirurgische Eingriffe) keine OP-Codes hinterlegt, so dass solche Eingriffe im EBM nicht enthalten seien. Daraus folge, dass nur ein kleiner Teil des Fachgebietes Herzchirurgie für die vertragsärztliche Versorgung in Betracht komme. Diese verbleibenden Leistungen würden jedoch nicht ausschließlich von Herzchirurgen erbracht, sondern ganz überwiegend von Kardiologen und Allgemeinchirurgen. Vor diesem Hintergrund könne die T...

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