Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Zeitpunkt für die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen. keine Eignung als Vertragsarzt bei gröblicher Pflichtverletzung. Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in den Praxisräumen. Zulassung von Herzchirurgen zur vertragsärztlichen Versorgung. keine Prüfung der Zulassungsfähigkeit durch den Gemeinsamen Bundesausschuss

 

Orientierungssatz

1. Die sofortige Vollziehung der Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung kann nach § 86b Abs 1 Nr 1 SGG angeordnet werden.

2. Maßgebend für die Frage, ob und inwieweit die Voraussetzungen für die Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung vorliegen, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses (vgl BSG vom 23.5.2005 - B 6 KA 81/03 R = SozR 4-2500 § 103 Nr 2).

3. Die Eignung als Vertragsarzt liegt in der Regel dann nicht vor, wenn wegen einer gröblichen Pflichtverletzung (hier: unsachliche und überzogene Angriffe gegen das Vertragsarztsystem) das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen so schwer gestört ist, dass diesen eine (weitere) Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht zugemutet werden kann (vgl BSG vom 30.3.1977 - 6 RKa 4/76 = SozR 2200 § 368a Nr 3) und im Fall einer Zulassung die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Systems gefährdet wäre (vgl BSG vom 8.7.1981 - 6 RKa 17/80 = USK 81172).

4. Der Vertragsarzt ist nach § 24 Abs. 2 Ärzte-ZV verpflichtet, seine Sprechstunden grundsätzlich an seinem Vertragsarztsitz abzuhalten. Hieraus folgt, dass der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit - von Ausnahmen abgesehen - unter seiner Praxisanschrift in seinen Praxisräumen erbringen muss. Das ist nicht der Fall, soweit er beabsichtigt, ambulante Leistungen auf "Kooperationsbasis" in Kliniken zu erbringen.

5. Herzchirurgen sind in der vertragsärztlichen Versorgung zulassungsfähig.

6. Die Zuständigkeiten des Gemeinsamen Bundesausschusses folgen aus § 92 SGB 5. Die Frage, ob und inwieweit eine Arztgruppe zulassungsfähig ist, rechnet hierzu nicht.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen zu 8) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Antragstellern auferlegt wird, die vertragsärztliche Tätigkeit ausschließlich in den von ihnen angemieteten Praxisräumen unter der Adresse X, D- Str. 00 auszuüben. Die Beigeladene zu 8) hat 3/5 der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für das Beschwerdeverfahren zu tragen. Die Antragsteller haben 2/5 der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8) für das Beschwerdeverfahren zu tragen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob das Sozialgericht (SG) Düsseldorf zur Recht die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 06.07.2005 angeordnet hat.

Die Antragsteller sind Fachärzte für Herzchirurgie und als solche im Arztregister eingetragen. Im April bzw. Mai 2004 beantragten sie beim Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf die Zulassung als Fachärzte für Herzchirurgie sowie die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis für den Vertragsarztsitz X, D-Str. 00. Mit Beschlüssen vom 17.03.2005 ließ der Zulassungsausschuss die Antragsteller mit Wirkung vom 01.04.2005 zur vertragsärztlichen Versorgung zu und gab dem Antrag auf Führung einer Gemeinschaftspraxis statt. Die Beigeladene zu 8) erhob hiergegen Widerspruch, denn Fachärzte für Herzchirurgie seien grundsätzlich nicht zulassungsfähig. Mit Bescheid vom 06.07.2005 wies der Beschwerdeausschuss den Widerspruch zurück. Die Herzchirurgie stelle in Nordrhein-Westfalen zumindest seit 1994 ein eigenständiges Fachgebiet dar, dessen Inhalt in der Weiterbildungsordnung definiert werde. Die Leistungen dieses Bereichs seien nicht nur nach den Nr. 31181 bis 31188 der Gebührenordnung (EBM 2000plus), sondern auch nach den Nr. 31211ff EBM 2000plus (z.B. Herzschrittmacherimplantationen bzw. Aggregatwechsel) abrechenbar und könnten unzweifelhaft in einer entsprechend eingerichteten Praxis ambulant erbracht werden.

Am 05.10.2005 haben die Antragsteller die Anordnung der sofortigen Vollziehung beantragt. Sie haben vorgetragen: Der EBM-Geber sei davon ausgegangen, dass Fachärzte für Herzchirurgie zulassungsfähig seien. In dem unter "Arztgruppenspezifische Leistungen" genannten fachärztlichen Versorgungsbereich seien neben den Fachärzten für Chirurgie und Kinderchirurgie auch die Fachärzte für Herzchirurgie aufgeführt. Der Versorgungsbereich der Herzchirurgie sei von jenem der Chirurgie zu trennen. Das Fachgebiet "Herzchirurgie" stehe auf gleicher Ebene wie die anderen chirurgischen Spezialgebiete, nämlich Kinderchirurgie bzw. plastische Chirurgie. Überdies sei ein Facharzt für Herzchirurgie nicht ausschließlich ein Operateur, sondern wie jeder andere Facharzt auch ein Diagnostiker, der Indikationen zur notwendigen Operation stelle, ...

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