Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Säumniszuschlägen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Erhebung von Säumniszuschlägen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Anschluss an BSG vom 17.5.2001 - B 12 KR 32/00 R = SozR 3-2400 § 24 Nr 4 = Breith 2001, 809).

2. Eine Einzugsstelle ist berechtigt, Säumniszuschläge gegenüber einem Insolvenzverwalter auch für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu fordern.

3. Die Einzugsstelle darf diese Säumniszuschläge durch Verwaltungsakt gegenüber dem Insolvenzverwalter feststellen.

4. Diese Befugnis besteht aber erst dann, wenn die Forderung in einem Prüfungstermin von dem Insolvenzverwalter bestritten wurde.

 

Orientierungssatz

1. Eine Einzugsstelle ist berechtigt, für die bereits zur Insolvenztabelle festgestellte Insolvenzforderung (Beitragsforderung) auch für die Zeit nach Insolvenzeröffnung Säumniszuschläge zu erheben und diese festzustellen (vgl bereits LSG Celle-Bremen vom 24.9.2002 - L 7 AL 424/01 = ZInsO 2003, 87).

2. Die geforderten Säumniszuschläge sind nicht als Forderung eines nachrangigen Insolvenzgläubigers (§ 39 InsO) anzusehen, die erst nach Aufforderung durch das Insolvenzgericht angemeldet werden können (§ 174 Abs 3 InsO).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.01.2005; Aktenzeichen B 12 KR 23/03 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Säumniszuschlägen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Der Kläger mit Wohnsitz in B ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma R R R KG "C C" Handels GmbH & Co. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter nahm das Amtsgericht Charlottenburg mit Beschluss vom 1. September 1999 vor. Das Gericht setzte einen Gläubigerausschuss ein. Eine Aufforderung an nachrangige Gläubiger sich zur Tabelle zu melden erging nicht. Unter dem Datum 9. Dezember 1999 meldete die Beklagte gegenüber dem Kläger monatliche Säumniszuschläge in Höhe von 304,00 DM seit dem 16. September 1999 bis zur Schlussverteilung an. Mit Bescheid vom gleichen Tag stellte sie diese Forderung gegenüber dem Kläger fest. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch und bestritt die Forderung in dem Prüfungstermin am 25. Januar 2000. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2000 zurück.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte hinsichtlich der Säumniszuschläge nachrangige Gläubigerin sei. Die Säumniszuschläge für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien ebenso wie Ordnungs- und Zwangsgelder oder Zinsen als nachrangig anzusehen. Zumindest seien die Säumniszuschläge insoweit zu erlassen, als sie im Insolvenzverfahren ihre "Druckfunktion" nicht mehr erfüllen könnten.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 hat die Beklagte die Klageforderung teilweise anerkannt. Sie hat die Säumniszuschläge in Höhe von 40 v.H. erlassen. Nunmehr fordert sie ab dem 16. September 1999 monatlich 182,40 DM bis zur Schlussverteilung.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 9. September 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2000 und des Bescheides vom 3. Dezember 2001 aufzuheben,

hilfsweise, die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Sprungrevision zuzulassen.

Sie verweist darauf, dass Säumniszuschläge für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Gesetz nicht als nachrangig bezeichnet werden. Säumniszuschläge teilten nach herrschender Rechtsprechung das Schicksal der Hauptforderung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvortrages wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Sozialgericht Berlin ist gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) örtlich zuständig, weil der Kläger seinen Wohnsitz bei Klageerhebung in Berlin hatte (BSG SozR 3-1500 § 57 Nr. 1).

Der Bescheid vom 3. Dezember 2001 ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

Die fehlende Anhörung des Klägers ist hier durch das Widerspruchsverfahren geheilt worden (vgl. BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 11).

In der Sache kann die Klage jedoch keinen Erfolg haben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger ist verpflichtet, die von der Beklagten zuletzt mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 errechneten Säumniszuschläge (§ 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -- SGB IV --) zur Tabelle festzustellen.

Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) zu beurteilen, weil das Insolvenzverfahren nach dem 31. Dezember 1998 beantragt wurde (§ 335 InsO i.V.m. Art. 103, 104, 110 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur InsO vom 5. Oktober 1994 ≪BGBl. I, Seite 2866≫).

Der angefochtene Bescheid vom 9. Dezember...

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