1. Mehr als 100 Kopien oder Ausdrucke

 

Rz. 128

Fertigt der Rechtsanwalt zur notwendigen Unterrichtung des Auftraggebers Kopien oder Ausdrucke von Dokumenten, ist die Herstellung der ersten 100 Kopien und Ausdrucke als allgemeine Geschäftskosten durch die jeweiligen Gebühren abgegolten, VV Vorb. 7 Abs. 1. Auch hier kommt aber eine Dokumentenpauschale ab der 101. Kopie/Ausdruck in Betracht (siehe Rdn 190 ff. zur Berechnung).

2. Doppelte Notwendigkeit

 

Rz. 129

Voraussetzung für die Entstehung der Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. c ist aber stets,

dass die Notwendigkeit bestanden hat, den Auftraggeber zu unterrichten, und
dass die Dokumente, die kopiert oder ausgedruckt wurden, zur Unterrichtung erforderlich waren.[218]
[218] VG Leipzig 6.4.2009 – 1 K 44/05; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 125.

3. Mehrere Auftraggeber

 

Rz. 130

Ob die mehr als 100 Kopien oder Ausdrucke für einen Auftraggeber oder für mehrere Auftraggeber angefertigt werden, ist unerheblich. Innerhalb derselben Angelegenheit sind zur Berechnung der Dokumentenpauschale alle für die mehreren Auftraggeber erstellten Kopien zusammenzurechnen (vgl. zur Berechnung Rdn 190 ff.).

4. Nur Unterrichtung des Auftraggebers

 

Rz. 131

Die Dokumentenpauschale entsteht nur, wenn der Auftraggeber unterrichtet wird. Nicht unter Nr. 1 Buchst. c fällt deshalb die Unterrichtung weiterer anwaltlicher Vertreter des Auftraggebers, z.B. des Verkehrsanwalts oder des Terminsvertreters. Auch die Unterrichtung der hinter dem Mandanten stehenden Versicherung fällt grds. nicht unter Nr. 1 Buchst. c. Insoweit kommt die Entstehung der Pauschale nach Nr. 1 Buchst. d in Betracht (vgl. Rdn 144 ff.). Etwas anderes gilt nur, wenn diese anstelle des Mandanten unterrichtet werden muss, z.B. die Haftpflichtversicherung, dem der Auftraggeber nach den Versicherungsbedingungen die Prozessführung überlassen muss (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 AHB und § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB).[219]

 

Rz. 132

Kopien oder Ausdrucke, die für die eigenen Handakten des Rechtsanwalts des Auftragsgebers gefertigt werden, fallen nicht unter Nr. 1 Buchst. c.[220] Kopien aus Behörden- und Gerichtsakten für die Handakten des Rechtsanwalts können aber unter Nr. 1 Buchst. a fallen.[221]

[219] OLG München AnwBl 1987, 97; OLG Stuttgart JurBüro 1985, 122.
[220] KG AGS 2006, 274 = RVGreport 2006, 102; OLG Hamm JurBüro 2002, 201; a.A. OLG München JurBüro 1983, 386.
[221] OLG Hamm JurBüro 2002, 201; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 71.

5. Notwendigkeit der Unterrichtung

a) BGB-Gesellschaft/Kündigungsschutzklagen

 

Rz. 133

Hauptanwendungsfall der Nr. 1 Buchst. c werden zum einen umfangreiche Verfahren, zum andern auch die Fälle sein, in denen zahlreiche Auftraggeber unterrichtet werden müssen, etwa größere BGB-Gesellschaften, sofern jeder Gesellschafter unterrichtet werden muss.

Erfasst werden auch Sammelklagen mehrerer Auftraggeber, die sich zusammengeschlossen haben, etwa bei Kündigungsschutzklagen nach einer Massenentlassung.[222] Wird der Anwalt dagegen von jedem Auftraggeber einzeln beauftragt, so erhält er jeweils eigene Gebühren, die die Dokumentenpauschale abgelten.

 

Beispiel: Der Anwalt ist von 15 Arbeitnehmern mit einer Kündigungsschutzklage beauftragt.

Hat der Anwalt den Auftrag zur Sammelklage, liegt dieselbe Angelegenheit vor. Er erhält zur Unterrichtung der fünf weiteren Auftraggeber die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. c, sobald 100 Kopien überschritten sind.

Ist der Anwalt dagegen von jedem Arbeitnehmer mit einer individuellen Kündigungsschutzklage beauftragt, liegen 15 verschiedene Angelegenheiten vor, so dass der Anwalt die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. b erst verlangen kann, wenn für den einzelnen Auftraggeber 100 Kopien überschritten werden.

[222] Siehe hierzu OLG Koblenz BRAGOreport 2001, 96 m. Anm. Hansens.

b) Wohnungseigentümergemeinschaft

 

Rz. 134

Weiterhin gehören hierzu die Fälle, in denen eine Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten wird und jeder Wohnungseigentümer unterrichtet werden muss. Die anwaltliche Informationspflicht gegenüber einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft erfordert es i.d.R. aber nicht, dass sämtliche Prozessunterlagen kopiert und komplett jedem einzelnen Wohnungseigentümer zugeleitet werden. Es reicht vielmehr aus, den Vertreter der Wohnungseigentümer (Verwalter) in Kenntnis zu setzen, wenn es sich um einen Rechtsstreit gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband handelt.[223]

 

Rz. 135

Etwas anderes kann aber im Beschlussanfechtungsprozess gem. § 46 WEG gelten, wenn der Verwalter nicht zustellungsbevollmächtigt ist, weil er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder wenn aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, dass er die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichtet (§ 45 WEG; vgl. Rdn 243).[224] Hier können dann die Dokumentenpauschalen zur Unterrichtung der übrigen Wohnungseigentümer über die Anfechtungsklage und ihre Begründung entstehen und erstattungsfähig sein.

c) Musterverfahren (§ 93a VwGO)

 

Rz. 136

Die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. c entsteht nach der Rechtsprechung des BVerwG auch, wenn der Kläger eines Musterverfa...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge