1. Verfahrenspfleger

 

Rz. 21

Die Vorschrift gilt für Rechtsanwälte ebenso wie für Rechtsbeistände. Die Gebührentatbestände sind auch für den vom Gericht bestellten oder beigeordneten Anwalt maßgebend. Dieser erhält allerdings Festgebühren. Nicht unmittelbar anwendbar sind die VV 6300 ff. auf den Vormund, Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger etc., weil das RVG gem. § 1 Abs. 2 für diese Personenkreise ausdrücklich nicht gilt.

 

Rz. 22

§ 419 FamFG sieht in Freiheitsentziehungssachen und § 317 FamFG in Unterbringungssachen die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen vor. Der anwaltliche Verfahrenspfleger kann seine Tätigkeit entweder nach Zeitaufwand oder über § 1 Abs. 2 S. 2, § 1835 Abs. 3 BGB nach dem RVG abrechnen.

a) Zeitaufwand (VBVG)

 

Rz. 23

Der Verfahrenspfleger erhält die im FamFG geregelte Vergütung stets aus der Staatskasse (vgl. hierzu §§ 317, 318 i.V.m. § 277 FamFG, §§ 419 Abs. 5, 277 FamFG). Dem berufsmäßig bestellten Verfahrenspfleger steht neben einem Aufwendungsersatzanspruch (§ 1835 Abs. 1, 2 BGB) ein Vergütungsanspruch in entsprechender Anwendung der §§ 1 bis 3 Abs. 1, 2 VBVG zu. Gem. § 3 Abs. 1 VBVG erfolgt die Abrechnung nach Zeitaufwand und dem anzuwendenden Stundensatz. Der Verfahrenspfleger erhält gem. § 3 Abs. 1 VBVG bei einem abgeschlossenen Hochschulstudium einen Stundensatz i.H.v. 39 EUR. Nach diesen Bestimmungen rechnet auch der anwaltliche Verfahrenspfleger mit der Staatskasse ab.

b) RVG-Gebühren

 

Rz. 24

Nach § 1 Abs. 2 S. 2, § 1835 Abs. 3 BGB kann der anwaltliche Verfahrenspfleger jedoch ausnahmsweise Aufwendungsersatz in Gestalt einer Vergütung nach dem RVG verlangen, soweit er seine spezifische anwaltliche Qualifikation für Aufgaben einsetzt, für deren Erfüllung ein rechtsunkundiger Laie als Verfahrenspfleger oder Verfahrensbeistand wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeit und der Bedeutung vernünftigerweise einen Anwalt hätte beauftragen müssen.[23] Der Umstand, dass § 277 Abs. 1 FamFG nur auf § 1835 Abs. 1 und 2 BGB, nicht aber auf § 1835 Abs. 3 BGB verweist, steht dem nicht entgegen. Denn es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen von § 277 Abs. 1 FamFG von den Vorgaben des BVerfG[24] zur Abrechnung anwaltsspezifischer Dienstleistungen durch den anwaltlichen Verfahrenspfleger abweichen wollte.

 

Rz. 25

Auch der in einer Unterbringungssache gem. §§ 312 ff. FamFG oder in einer Freiheitsentziehungssache gem. §§ 415 ff. FamFG bestellte anwaltliche Verfahrenspfleger kann daher, bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen, über § 1 Abs. 2 S. 2, § 1835 Abs. 3 BGB eine Vergütung nach dem RVG abrechnen.[25] Erbringt der anwaltliche Verfahrenspfleger in einer Unterbringungssache nach § 312 FamFG oder in einer Freiheitsentziehungssache nach § 415 FamFG anwaltsspezifische Dienste, richtet sich seine Vergütung deshalb nach VV 6300 bis 6303.

 

Rz. 26

Stellt das Gericht fest, dass die Verfahrenspflegschaft eine anwaltsspezifische Tätigkeit erfordert, ist das für die Kosten- bzw. Vergütungsfestsetzung bindend. Wird diese Feststellung getroffen, ist bei der Vergütungsfestsetzung nicht mehr zu prüfen, ob eine anwaltsspezifische Tätigkeit tatsächlich erforderlich war (vgl. auch § 1 Rdn 262 ff.).[26]

2. Beiordnung im Wege der PKH/Verteidigerbestellung

 

Rz. 27

Gem. §§ 76 ff. FamFG, §§ 114 ff. ZPO kann dem Betroffenen in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen auf Antrag im Wege der Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beigeordnet werden.[27] Soweit in diesen Verfahren ein Rechtsanwalt im Wege der PKH beigeordnet wird, kann der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr aus der Staatskasse verlangen.[28]

Eine Beiordnung im Wege der PKH ist auch in Abschiebehaftsachen nach § 62 AufenthG möglich.[29]

[29] Vgl. OLG München RVGreport 2006, 57; zur früheren Rechtslage auch BGH 25.6.1998 – V ZB 7/98, NJW 1998, 2829; OLG Frankfurt 23.11.2000 – 20 W 344/00.

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