Rz. 136

Die Höhe des Gebührensatzes richtet sich nach der Gebühr, die der Rechtsmittelanwalt verdient. Legt er das Rechtsmittel ein, so entsteht auch dem übersendenden Anwalt eine volle Gebühr, höchstens jedoch 1,0; legt er das Rechtsmittel nicht ein, so entsteht für den Verkehrsanwalt ebenfalls nur die reduzierte Gebühr. Da in den meisten Fällen die reduzierte Gebühr im Rechtsmittelverfahren jedoch über 1,0 liegt, spielt hier die Ermäßigung keine Rolle.

 

Beispiel: Die Partei erteilt dem Rechtsmittelanwalt den Auftrag, Rechtsmittel einzulegen, und beauftragt den erstinstanzlichen Anwalt, die Handakten nebst gutachterlichen Äußerungen zu übersenden. Auf den Rat des Rechtsmittelanwalts wird das Rechtsmittel nicht eingelegt.

Der Rechtsmittelanwalt verdient lediglich eine 1,1-Gebühr nach VV 3201 Nr. 1. Der übersendende Anwalt erhält eine 1,0-Gebühr nach Anm. zu VV 3400. Dass der Verfahrensbevollmächtigte nur eine ermäßigte Verfahrensgebühr erhält, wirkt sich im Ergebnis also nicht aus.

 

Rz. 137

Soweit das Rechtsmittel nur teilweise eingelegt wird, entsteht für den Prozessbevollmächtigten sowohl eine 1,6-Gebühr als auch eine 1,1-Verfahrensgebühr aus den jeweiligen Teilwerten, insgesamt jedoch nicht mehr als eine 1,6-Gebühr (§ 15 Abs. 3). Der Verkehrsanwalt erhält dagegen einheitlich eine 1,0-Gebühr, da beide Gebühren des Verfahrensbevollmächtigten über 1,0 liegen.

 

Beispiel: Der Beklagte wird vom LG zur Zahlung von 18.000 EUR verurteilt. Er beauftragt daraufhin einen anderen Anwalt, der mit der Berufung betraut wird. Der erstinstanzliche Anwalt übersendet seine Handakten mit gutachterlichen Äußerungen über den gesamten Streitgegenstand an den OLG-Anwalt. Nach Prüfung und Beratung wird die Berufung nur i.H.v. 12.000 EUR eingelegt und durchgeführt.

Der Prozessbevollmächtigte erhält:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200 (Wert: 12.000 EUR) 1.065,60 EUR  
2.

1,1-Verfahrensgebühr, VV 3201 Nr. 1

(Wert: 6.000 EUR)
429,00 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,6 aus 18.000 EUR   1.232,00 EUR

Der Verkehrsanwalt erhält:

1,0-Verkehrsanwaltsgebühr, Anm. zu VV 3400 i.V.m. VV 3200, 3201 Nr. 1
 
(Wert: 18.000 EUR) 770,00 EUR
 

Rz. 138

Erledigt sich der Auftrag des übersendenden Anwalts vor Beauftragung des Rechtsmittelanwalts, so entsteht die Gebühr nach Anm. zu VV 3400 – ebenso wie beim Verkehrsanwalt nach VV 3400 – gemäß VV 3405 nur zu 0,5 (siehe Rdn 51). Entgegen dem Wortlaut ist es insoweit unerheblich, dass keine Verfahrensgebühr entsteht. Maßgebend ist die Verfahrensgebühr, die bei Beauftragung des Rechtsmittelanwalts entstanden wäre.

 

Beispiel: Der erstinstanzliche Anwalt erhält den Auftrag, seine Handakten mit gutachterlichen Äußerungen an einen von ihm auszuwählenden OLG-Anwalt zu übersenden. Bevor es zur Übersendung und Beauftragung des OLG-Anwalts kommt, findet sich der Mandant mit dem erstinstanzlichen Urteil ab und nimmt den Auftrag zurück.

Der Anwalt erhält eine 0,5-Gebühr nach Anm. zu VV 3400 i.V.m. VV 3405 Nr. 1.

 

Rz. 139

Eine Gebühr nach Anm. zu VV 3400 i.V.m. VV 3201 Nr. 2 oder VV 3206 i.V.m. VV 3201 Nr. 2 kann dagegen nicht entstehen. Die gutachterlichen Äußerungen müssen mit der Übersendung abgegeben werden (siehe Rdn 129 ff.). Spätere Stellungnahmen über weiter gehende nicht anhängige Ansprüche können keine Gebühr nach Anm. zu VV 3400 mehr auslösen. Der Anwalt kann insoweit allenfalls eine Gebühr nach VV 3400 verdienen.

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