Rz. 29

Eine Anrechnung kommt nur bei einer Personenidentität eines Rechtsanwalts des Mahnverfahrens und des streitigen Verfahrens in Betracht. Beauftragt daher ein Mandant einen Rechtsanwalt mit der Durchführung eines Mahnverfahrens und mandatiert er für den späteren Rechtsstreit einen anderen Anwalt, kommt es daher nicht zu einer Gebührenanrechnung.[41]

Kommt es auf den Einspruch oder Widerspruch hin zur Durchführung des streitigen Verfahrens, so ist die Verfahrensgebühr VV 3307 auf die Verfahrensgebühr (VV 3100) des nachfolgenden Rechtsstreits anzurechnen (Anm. zu VV 3307). Zur Anrechnung im Rahmen der Kostenfestsetzung der vollen Verfahrensgebühr nach zwischengeschaltetem Mahnverfahren auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits (sog. Kettenanrechnung) vgl. auch VV 3305 Rdn 170 ff.

 

Rz. 30

Eine eventuelle Terminsgebühr nach VV Vorb. 3.2.2 VV, VV 3104 wird dagegen nicht unbedingt angerechnet, sondern bleibt ggf. anrechnungsfrei, auch wenn im streitigen Verfahren erneut eine Terminsgebühr nach VV 3104 entsteht (vgl. auch Rdn 75 ff.).

 

Rz. 31

Der Sinn der Anrechnung besteht darin, die Einarbeitung des Rechtsanwalts in denselben Sachverhalt nicht doppelt zu vergüten (vgl. auch VV 3305 Rdn 34). Voraussetzung ist, dass der Gegenstand des Mahnverfahrens und der des streitigen Verfahrens identisch sind.[42]

 

Beispiel: Gegen den Mandanten ist ein Mahnbescheid i.H.v. 3.000 EUR ergangen. Der Anwalt legt hiergegen Widerspruch ein. Anschließend wird das streitige Verfahren durchgeführt und mündlich verhandelt.

Die 0,5-Verfahrensgebühr der VV 3307 ist auf die Verfahrensgebühr der VV 3100 anzurechnen (Anm. zu VV 3307). Die Auslagenpauschale bleibt dagegen erhalten.

I. Mahnverfahren

 
1.

0,5-Verfahrensgebühr, VV 3307

(Wert: 3.000,00 EUR)
  111,00 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 131,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   24,89 EUR
Gesamt   155,89 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 3.000,00 EUR)
  288,60 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3104

(Wert: 3.000,00 EUR)
  266,40 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
4. gem. Anm. zu VV 3307 anzurechnen, 0,5-Gebühr aus 3.000 EUR   – 111,00 EUR
  Zwischensumme 464,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   88,16 EUR
Gesamt   552,16 EUR
 

Rz. 32

Die 0,5-Widerspruchsgebühr ist auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 auf die gerichtliche Verfahrensgebühr des beigeordneten Rechtsanwalts nach VV 3100 anzurechnen.[43]

[41] OLG München AGS 2016, 256 = RVGreport 2016, 225 = JurBüro 2016, 295; zur Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten nach Anwaltswechsel vgl. auch Rdn 79 und VV 3305 Rdn 33.
[42] OLG München AGS 2013, 512 m. Anm. N. Schneider.
[43] OLG Bamberg AGS 2009, 281 = Rpfleger 2009, 474; OLG Saarbrücken 30.4.2009 – 5 W 127/09 – K21; a.A. KG AGS 2009, 168 m. Anm. N. Schneider u. abl. Anm. Hansens, RVGreport 2009, 323; OLG Frankfurt NJW-RR 2013, 319; OLG Brandenburg AGS 2011, 549; vgl. auch VV 3305 Rdn 34 f.

aa) Beschränkter Widerspruch

 

Rz. 33

Wird der Widerspruch nur beschränkt eingelegt, ändert dies nichts daran, dass die volle 0,5-Verfahrensgebühr aus dem Wert des Mahnbescheids angefallen ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass ausweislich der Formulierung in VV 3307 der Rechtsanwalt die Gebühr für die Vertretung des Antragsgegners im Mahnverfahren insgesamt erhält. Darüber hinaus heißt es in der Gesetzesbegründung zu VV 3307, dass in der Regel seitens des Rechtsanwalts zunächst eine Vorprüfung und ein Gespräch mit dem Mandanten stattfindet, in dem die Prozessaussichten und die weitere Verfahrensweise erwartet würden. Damit ist klargestellt, dass der Rechtsanwalt die 0,5 Verfahrensgebühr nach VV 3307 aus dem vollen Streitwert erhält, wenn er auftragsgemäß die Erfolgsaussichten hinsichtlich des geltend gemachten Gesamtbetrages zunächst prüft und den Widerspruch nur hinsichtlich eines Teilbetrages einlegt.

 

Rz. 34

Angerechnet wird jedoch nur nach dem Wert, in dessen Höhe tatsächlich Widerspruch eingelegt worden ist.[44]

 

Beispiel: Gegen den Mandanten ist ein Mahnbescheid i.H.v. 3.000 EUR ergangen. Er beauftragt seinen Anwalt mit der Vertretung. Der Anwalt legt nach Beratung Widerspruch nur i.H.v. 2.000 EUR ein und stellt gleichzeitig Streitantrag. Das Verfahren erledigt sich ohne einen Termin.

Die Verfahrensgebühr (VV 3307) wird nur nach dem Wert angerechnet, der sich im streitigen Verfahren fortsetzt, also nur, soweit sie nach 2.000 EUR entstanden wäre (analog VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3).

I. Mahnverfahren

 
1.

0,5-Verfahrensgebühr, VV 3307

(Wert: 3.000,00 EUR)
  111,00 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 131,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   24,89 EUR
Gesamt   155,89 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 2.000,00 EUR)
  215,80 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
3. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3307, 0,5 aus 2.000 EUR   – 83,00 EUR
  Zwischensumme 152,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   29,03 EUR
Gesamt   181,83 EUR
 

Rz. 35

Wird nur Kostenwiderspruch eingelegt, dann werden di...

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